Full text: Feldherr und Volksheld

14 Erſte Abteilung. 
In allen Ecken lauerte gleich einer rieſigen Spinne die liſtige Intrige, 
bereit, ihre Netze überall auszuwerfen, wo es die Gunſt des Königs oder 
andre Vorteile galt. Unter der Maske des Scherzes und der Freund— 
ſchaft trieben Verrat und Neid ihr Weſen, und manche Thräne Unglücklicher, 
Unterdrückter floß im Verborgenen; wer fragte danach, wenn nur das äußerlich 
heitere Leben, der Glanz des Hofes nicht geſtört wurde. „Der Staat bin ich!“ 
hatte einſt der König geſagt, und nach dieſem Ausſpruche richtete ſich in der 
Hauptſache die Handlungsweiſe der Hochgeſtellten und Vielvermögenden jener 
Tage. Hochmütig und verächtlich ſahen ſie auf das Volk, das niedere Geſindel, 
herab, das nicht wagen durfte, den Stufen des Thrones zu nahen; man ſchob 
es mit dem Fuße zur Seite, wenn es unbequem werden wollte. Wer aber 
unbekannt mit dem Leben und Treiben jener Kreiſe die Prunkſäle betrat, 
wer nur die glänzende Außenſeite ſah, der hätte meinen mögen, alle die 
Herren und Damen des Hofes ſeien in harmloſer Fröhlichkeit vereinigt, ſich 
zu ergötzen und zu zerſtreuen. Wie zündende Raketen flogen die Witzworte 
hinüber und herüber, unter galanten Verſicherungen begrüßten ſich Damen 
und Herren, fröhliches Lachen und Plaudern klang durch die Säle. 
Nur einer ſchien unberührt von dem heiteren Treiben umher. Seine 
dunkle, einfache Tracht ſtach ſeltſam ab gegen die Pracht der Gewänder, die 
ihn umgab. In Gedanken verſunken merkte er kaum, was in ſeiner Nähe 
geredet wurde, bis ſein eigner Name ſein Ohr traf. 
„Prinz Eugen von Savoyen?“ ſagte eine junge reichgeſchmückte Dame 
zu einem vor ihr ſtehenden Hofmann. „Wohl der zukünftige Abbé?“ 
„Ganz recht, meine Gnädigſte!“ bekräftigte der Kavalier. „Prinz Eugen 
von Savoyen — heute noch der geiſtliche Rekrut oder K orporal — in Zukunft 
vielleicht einflußreicher Abbe oder Kardinal — zuletzt gar Inhaber der drei— 
fachen Krone! Ha, ha, ha! Sicherer wäre freilich das Rechenexempel der 
Steigerung, wenn des künftigen Abbͤs reſpektable Eltern nicht der Majeſtät 
Ungnade in ſo hohem Grade auf ſich gezogen hätten! Sie wiſſen ja, daß 
Madame Olympia noch immer in der Verbannung troſtlos klagt und jammert 
— ich meine die Frau Mutter des jungen Herrn, die mit knapper Not nur 
der Baſtille entgangen iſt, die ihr Herr von Louvois ſo ſeelensgern als Ort 
der Kurzweil zugewieſen hätte.“ 
„Da lebt ſie alſo, beſſerer Tage harrend, noch immer verlaſſen und ver— 
geſſen in Brüſſel?“ fragte die ſchöne Neugierige aus der Provinz. 
Der Kavalier wollte weiteres berichten, aber er begnügte ſich bejahend 
den Kopf zu beugen — denn ſoeben ſchritt der Prinz, den Mißgünſtigen mit 
flammendem Blicke meſſend, an den Geſprächigen vorüber. 
„Morbleu“, lachte jetzt der junge Hofmann hellauf, „wenn ſeine Durch— 
laucht einſt im Beſitze des Kardinalshutes ſein werden, kann mir Acht und 
Bann gar nicht entgehen!“ ö
	        
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