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lernen; in beiden Seelen aber lebte dieſelbe Abſicht: ſie wollten
zurückkehren in die deutſche Heimat. Die furchtbaren Greuel,
welche ſie geſchaut hatten, hatten ihnen den Aufenthalt im fremden
Lande völlig verleidet, und ſie wollten vor allem ihren Kindern,
zwei prächtigen Jungen, das Vaterland geben, in welches ſie
ö gehörten. Auch in Seumes Seele wachte noch heißer das
patriotiſche Empfinden auf; es erſchien ihm beinahe wie ein
Verrat, daß er hier im fremden Lande und unter fremden Leuten
lebe, anſtatt ſeine Kraft und ſein Können der Heimat zu widmen.
„Za, zurück zu unſerer Mutter Germania!“ ſagte er warm.
„Wie lernt man ſie lieben, wenn man fern ſein muß. Und die
ö Seit wird kommen, da ſie alle ihre Kinder braͤucht, denn es
geht eine wunderliche Gärung durch ganz Europa, ein zorniger
Freiheitsdrang, und er wird an Deutſchland nicht vorüberzieh'n!“
Er fühlte ſich wohl in der ſchlichten Handwerkerfamilie; die
Knaben ſahen ihn bald an wie einen lieben Onkel und drängten
ſich an ihn, wenn er kam. Und als er eines Tages erzählte, daß
er demnächſt nach Leipzig zurückkehren werde, um einen jungen
ruſſiſchen Offizier, der dort Heilung ſuchen wollte, zu begleiten,
erklärte Dornbuſch raſch entſchloſſen, daß er mit ihm gehen wolle.
Sein Geſchäft könnte er ziemlich vorteilhaft verkaufen. Seume
freute ſich dieſes Entſchluſſes, und ſchon nach kurzer Seit ver⸗
ließen beide Warſchau und gelangten ohne Beſchwerde nach der
Dleißeſtadt.
Seumes Freunde und Bekannte waren hocherfreut, ihn wieder—
zuſehen, denn ſie hatten gefürchtet, daß er ein Opfer der Revolution
geworden wäre. Er ſelbſt wußte freilich fürs erſte nicht, was er
nun beginnen ſollte. Da traf er eines Tages den Buchhändler
Göſchen aus Grimma, und dieſer lud ihn ein, zu ihm zu kommen,
ö und eine Ausgabe von Klopſtocks Werken zu beſorgen. Seume
nahm mit Freuden dieſen Auftrag an und überſiedelte ſogleich
in das freundliche Städtchen an der Mulde.