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Tagen faßt mich eine unendliche Sehnſucht dahin. Dieſen fremden
Soldatenrock möchte ich ausziehen, den ſchlichten Rock des deutſchen
Schulmeiſters tragen und die junge deutſche Generation heran⸗—
bilden helfen, daß ſie für die große Zeit, die unſerm Volke kommen
muß, reifer ſei, als dieſe Polen!“
„Ich verſtehe Sie nur halb! Ich bin ein Abenteurer, der
kaum mehr ein Recht hat, von ſeiner Beimat zu reden — aber
ich achte Sie, und wenn in Deutſchland viele Ihresgleichen ſind,
ſo hat Ihr Volk eine große Sukunft. Ich gönne ſie ihm — und
darauf laſſen Sie uns anſtoßen!“
Wieder klangen die Gläſer, während von der Gaſſe her
rohe Lieder trunkener Horden dazwiſchen erſchallten.
Seume konnte mit ſeiner Gefangenſchaft zufrieden ſein, nur
mußte er noch genug des Düſteren und Grauenhaften mit erleben
und anſehen. Binrichtungen von Gefangenen, ſowie von ange—
ſehenen Ruſſen waren an der Tagesordnung, und ſelbſt der
Fürſtbiſchof Maſſalski wurde gehenkt. Die Wut des Pöbels brach
immer wieder von neuem aus und forderte ihre Opfer. Gerne
hätte Seume einmal den Meiſter Dornbuſch aufgeſucht, aber es
war unmöglich, ja ſein Freund Dechard konnte ihn ſelbſt nicht
ganz davor ſchützen, daß er, wie andere gefangene ruſſiſche
Offiziere eine zeitlang in Kleidung und Nahrung ſehr dürftig
gehalten wurde. Die Verhältniſſe waren eben ſtärker als die
Freundſchaft.
Die Sachlage änderte ſich, als endlich die Ruſſen unter
Suwarow heranrückten. Bei Maciejowice war Uoscziusko ge⸗
ſchlagen und ſchwer verwundet worden, und am 4. November
donnerten die ruſſiſchen Kanonen gegen Warſchau. Im erſten
wilden Anſturm wurde die Vorſtadt Praga genommen. Ein
grauenhaftes Blutbad entſtand in ihren Gaſſen, und während die
Feuersglut aus den Dächern aufloderte, ſuchte der Tod ſeine
Opfer in allen Bäuſern. Weiber und ÄNinder wurden nicht ver⸗
ſchont, und über Baufen von Leichen brachen die rauchenden
Trümmer zuſammen; die Weichſel aber führte tauſende von
Leichen ſtromabwärts. Unter den Erſchlagenen war auch Dechard.
Seume war wieder frei, und ſein erſter Weg war zu Dorn—
buſch. Der wackere Meiſter war überglücklich, als er ihn wieder⸗
ſah, er hatte gefürchtet, daß man ihn bei dem Aufſtand hinge—
mordet habe. Auch ſein Weib freute ſich, Seume kennen zu