Full text: Aus Tagen deutscher Not

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Er faßte Dornbuſch unter dem Arm und ging mit ihm nach 
dem Vorzimmer des Generals. Das Simmer war eben leer 
geworden, aber ein Berr befand ſich bei Igelſtröm. Da kam 
juſt noch ein anderer, ein hagerer, vornehm gekleideter Mann in 
Sivil mit einem ungemein hochmütigen Geſichtsausdruck. 
„Melde Er mich bei Seiner Exzellenz!“ ſagte er barſch zu 
Seume. Dieſer ſah ihn einen Augenblick groß und ruhig an, 
dann erwiderte er: 
„Wende Er ſich an den Lakaien!“ 
„Was heißt dasd Er impertinenter Menſch ...“ 
„Nicht, daß ich wüßte, Herr — ich kenne Ihn ebenſowenig 
wie Er mich und habe keine Veranlaſſung, Ihn zu melden.“ 
„Ich bin der Graf Rarin“ 
„Und ich bin der Geheimſekretär Seiner Exzellenz, der Garde⸗ 
leutnant Seume, und bin nicht da, um jemanden anzumelden.“ 
Der Graf machte ein verdutztes Geſicht und murmelte etwas 
wie eine Entſchuldigung, und da eben jetzt der Lakai erſchien, 
gebot er dieſem, ihn zu melden. Da öffnete ſich die Türe von 
Igelſtröms Gemach, der Beſucher trat heraus, aber da der Diener 
nun eintreten wollte, ſchob ihn Seume zur Seite und ſagte zu 
dem Grafen gewendet böflich: 
„Wir warten länger als der Herr Graf, und der Meiſter 
Dornbuſch hat's eilig!“ Dann führte er ſeinen Begleiter zu dem 
General. Er ſelbſt erzählte dieſem ruhig und klar die Ange— 
legenheit, und Igelſtröm ſprach, nachdem er geendet: 
„Er hat einen guten Fürſprecher, Meiſter! Was Rerr Seume 0 
vertritt, iſt eine ehrliche Sache. Darum geh' Er ruhig nach Rauſe, 
ö Oberſt Pergold wird bis morgen gezahlt haben!“ 101 
Mit vielen Bücklingen ging Dornbuſch; draußen jedoch wäre 
er Seume beinahe um den Hals gefallen vor ſtürmiſcher Dank⸗ 
barkeit, während ihn dieſer aber zur Treppe begleitete und auch 
verſprechen mußte, ihn in ſeinem Beim aufzuſuchen, ſagte im 
Gemache des Generals der Graf Narin: 
„Sagen Sie mir, Exzellenz — was haben Sie für einen ſelt— 
ſamen, ungehobelten Menſchen in Ihrem Dienſtd“ 
„Ach, Sie meinen meinen Sekretär Seume 7 — Za, es iſt ein 
wunderlicher Nauz, aber treu, ehrlich und gerade, wie man ſelten 
einen trifft, und darum iſt er mir feſt ans Berz gewachſen. Ich 
habe vor ihm keine Geheimniſſe, auch keine diplomatiſchen, und
	        
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