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Bremer Böcken. Der Offizier bedankte ſich bei dem „Meiſter“
höflich, dann ließ er ſich Seume vorführen.
„Böre Er, Er iſt Sachſe und hat ſich als Preuße gemeldet
— warum d“
„Weil mir das Wandern lieber iſt, als das Fahren auf der
Weſer!“
„Er hat ſeine Vorgeſetzten belogen.“
„Weil ich gemeint habe, daß es doch nichts auf ſich haben
könne, wenn einer mehr zu Fuße transportiert wird, und weil ich
keinen Unterſchied mache zwiſchen Sachſen und Preußen; ſind alle
beide deutſch.“
„Er führt eine recht bewegliche Sunge — das kann Ihm unter
Umſtänden ſchaden ...“
„Wird aber niemals mich abhalten, meines Berzens Meinung
zu ſagen, und wo's drauf ankommt, lüge ich nicht, und wenn's
mein Leben koſten ſollte; ſo müßt' es jeder deutſche Mann halten!“
Das kam ſo ehrlich und feſt von ſeinen Lippen, daß es den
Hauptmann faſt verblüffte, und daß er nicht vermochte, wie er es
eigentlich vorhatte, ihm auf den Nopf zuzuſagen, er plane einen
Handſtreich für dieſe Nacht. Er befahl ihm kurz und unwirſch,
abzutreten, dann aber begab er ſich zu dem Bürgermeiſter des
Städtchens und hatte mit dieſem eine kurze, aber ernſte Rück⸗
ſprache. Daraufhin kam eine ſeltſame Bewegung unter die
Bürgerſchaft; man ſah die Bürger ſich bei dem Stadthauſe an⸗
ſammeln, und ein Teil davon war bewaffnet. Dieſe rückten nach
der alten KMirche, wo die heſſiſchen Soldaten unter Gewehr ſtanden,
und nun betrat, von einem Teil der letzteren gefolgt, der Baupt⸗
mann das Gotteshaus.
In dieſem wurde es bei dem Älirren der Gewehrkolben, die
auf den Boden niederſtampften, plötzlich ſtill, ſodaß man die
ſcharfen Worte des Offiziers bis in den letzten Winkel hörte:
„Wenn jemand daran denken ſollte, heute auszubrechen, laſſe
ich euch alle niederſchießen! Rier ſtehen meine Leute und draußen
ſteht die bewaffnete Bürgerſchaft, um mich zu unterſtützen. Mehr
habe ich euch nicht zu ſagen!“
Er wendete ſich kaltblütig ab. In der Rirche blieb es toten⸗
ſtille, nur verſchiedene Blicke wendeten ſich nach Seume, von dem
man wußte, daß er kurz vorher bei dem Bauptmann geweſen war.