Full text: Aus Tagen deutscher Not

25 
„Der weiß viel, aus welchem Holze große Männer geſchnitzt 
werden; aus heſſiſchen Stiefletten-Dragonern nicht!“ 
Aber ſein Unmut hielt nicht an. Die Sonne ſchien ihm 
warm ins Berz, und das frühlingsgrüne Land, die fernher 
blauenden Böhen hatten es ihm angetan. 
„Es iſt ſchön, unſer Deutſchland“ — ſagte er warm — „aber 
es müßte eins ſein in Kraft und Herrlichkeit. Es wird auch noch 
werden, weil es werden muß, ſon ſt wäre ja unſer deutſches Volk 
nicht wert zu exiſtieren ... aber wir werden's wohl kaum erleben. 
Vielleicht unſere Kinder und Kindeskinder, Wilhelm. — Ja, wenn 
wir dafür ausmarſchieren, und wenn es ſein müßte, unſer Herzblut 
dafür geben könnten! Aber wenn's einmal kommt, und trifft 
uns noch am Leben, dann ſind wir dabei — wasd“ 
„Das ſoll ein Wort ſein, wie ein Eid!“ antwortete warm und 
treuherzig der Schmied, und da eben die vorderen, wohl auch unter 
dem Einfluſſe des ſchönen Tages, ein Lied anhoben, ſtimmte er 
mit ein, und Seume hatte ſeine Freude daran. Aber während des 
Singens lief eine Rede von einem Munde zum andern: „Beute 
Nacht brechen wir aus nach dem Preußiſchen; gebt das Wort 
heimlich fort — mit der Handvoll Beſſen werden wir fertig.“ 
Luſtig und lauter klang das Lied, und die Wächter ſchienen 
nicht zu merken, was es eigentlich verbergen ſollte. Seume aber 
ſchüttelte den Kopf und ſagte zu ſeinem Freunde: 
„Soll mich wundern, wenn das gut läuft, und wir haben doch 
in Siegenhain eine Lehre bekommen.“ 
„Ich meine auch, daß es noch mehr als einen Dornbuſch gibt!“ 
„Der Schurke! Es iſt gut, daß wir mit einem ſolchen Verl 
nicht auch noch nach Amerika müſſen.“ 
Wie ſie noch ſangen, kamen ſie auf der Straße an einem 
Menſchen vorbei, der den Sug mit großen Augen anſah. Er 
ſchaute einigermaßen heruntergekommen aus in ſeiner Äleidung. 
Die Naare waren kurz und borſtig, und das Geſicht war mit rauhen 
Bartſtoppeln bedeckt. 
„Willſt du mit uns, Landsmann?“ rief ihm einer zu. 
„Wohin geht's“ fragte der Menſch, und einige Stimmen 
riefen: 
„Ins Land der Freiheit! Nach Amerika!“ 
Da riß er ſich auf aus dem Graſe und kam heran an den 
heſſiſchen Hauptmann und rief:
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.