Full text: Aus Tagen deutscher Not

Trommeln erklangen, und alles war bis auf den Sonnenſchein und 
den blauen Bimmel luſtig, nur die armen Teufel nicht, die mit 
ſchlecht verhehltem Grimme dem Landgrafen entgegenſahen. Er 
ritt, ohne ein Wort zu ſagen, an ihnen entlang, ſeine kalten Blicke 
ſtreiften ziemlich gleichgültig die Glieder, dann gab er den Befehl 
zum Abmarſch, und nun, zu beiden Seiten begleitet von Bewaff⸗ 
neten mit geladenen Gewehren, brach der ziemlich lange Sug 
auf. Bis an die Fulda ritt der Fürſt mit, dort ließ er alle an 
ſich vorbeidefilieren und über die Schiffbrücke hinüberziehen. 
Man war im Bannöverſchen. Bier wurden die Leute auf 
kleine Fahrzeuge, ſog. Bremer Böcke, verladen und nun ging es 
den Weſerfluß abwärts. In der Nähe von Hameln wurden die 
Preußen ausgeſondert, da man mit dieſen nicht das preußiſche 
Gebiet bei Minden berühren wollte. Sie ſollten ein Stück zu 
Lande marſchieren. 
Schlippe und Beiter waren Preußen, Seume aber, der auch 
ein friſches Wandern durch die ſchöne Frühlingswelt dem faulen 
Fahren vorzog, meldete ſich ebenfalls als Preuße, und in der Tat 
durfte er das Fahrzeug mit den andern verlaſſen. Er hatte 
ein lateiniſches Buch von Julius Cäſar ſich unter die Weſte geſteckt, 
und hatte ſo fürs erſte alles, was er unter dieſen Umſtänden 
wünſchen konnte. Er richtete durch ſeine muntere LCaune auch 
Wilhelm auf, und der alte Grenadier Schlippe hatte ſeine Freude 
an den beiden. 
Wie ſie ſo marſchierten, trat ein Hauptmann an Seume heran 
und ſchlug ihn gegen die Bruſt, indem er halb ſcherzhaft ſagte: 
„Der Kerl hat wohl ein Magengeſchwür“ Dabei griff er 
ihm unter die Weſte, brachte den Julius Cäſar hervor, ſchlug 
ihn auf und fragte verwundert: 
„Wo hat Er denn Latein gelernt d“ 
„Wie alle andern in der Schule.“ 
„Und wer hat denn die Randbemerkungen dazu geſchrieben?“ 
„Ich und zum Teil ſtammen ſie von berühmten Männern.“ 
„Da wird Er wohl auch einmal ein großer Mann werdend“ 
„Schwerlich, das iſt unter den Deutſchen gar nicht wahr⸗ 
ſcheinlich, aber wenigſtens will ich nicht ſchuld ſein, daß es nicht 
wird.“ 
Mit einem ſpöttiſchen Lächeln trat der Offizier zurück, Seume 
aber ſprach unmutig zu Wilhelm:
	        
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