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Seume die Band. Als dieſer mit Heiter wieder durch die Gaſſen
ging, war er in gehobener Stimmung; es ſchmeichelte ihm, daß
man ſich ſeiner Führung anvertrauen wollte und es war ihm ein
behaglicher Gedanke, dem Candgrafen ſeinen Menſchenraub wieder
aus den Sähnen reißen zu können. Aber der ſchlichte Schmied⸗
geſelle an ſeiner Seite ſagte:
„Ich traue dem Schneider nicht — ich weiß nicht warum,
aber wir wollen doch vorſichtig ſein!“
Das kühlte Seume ein wenig ab, doch ſchlief er in dieſer
Nacht nicht viel, und am Morgen ging ihm die Angelegenheit
ſogleich wieder durch den Nopf. Auf dem Exerzierplatz war
vielfach ein Munkeln und Raunen, und die Handvoll landgräflicher
Soldaten, welche die Rekruten zu überwachen und zu exerzieren
hatte, kümmerte ſich darum nicht allzuviel. So kam die Bewegung
unmerklich immer mehr in Fluß, das Nomplott gewann täglich an
Teilnehmern, und es ſchien wirklich, als ob alle in Seume ihren
Führer ſuchten trotz ſeiner Jugend, um ſo mehr, als er tatſächlich
als Schreiber bei dem General Born diente und ſo eine Art
Vorzugsſtellung hatte. Ihm ſelber war es freilich manchmal
doch etwas unbehaͤglich bei dem Gedanken, daß er das Schickſal
von faſt anderthalbtauſend Menſchen in der Band haben, und
wenn der Anſchlag mißglückte, die meiſte Verantwortung haben
ſollte.
Wilhelm Heiter war gerne bereit, ſich an der Flucht zu
beteiligen, aber er hatte ſeine geheimen Beſorgniſſe, und trotz
der Freundſchaft, die der Schneider ihm und Seume geradezu auf⸗
drängte, traute er dem Menſchen nicht. In dem Simmer, das er
mit ſeinem Freunde bewohnte, war auch ein ehemaliger alter
preußiſcher Soldat untergebracht, ein gutmütiger, ſchweigſamer
Geſelle, Schlippe mit Namen. Auch ihn hatte man in den Plan
eingeweiht, und anfangs hatte er in ſeiner ſtummen Art leiſe den
Kopf dazu geſchüttelt. Eines Abends aber, zu Beginn des Winters
— die Flocken tanzten luſtig an den Fenſtern vorüber und im
Ofen praſſelte das Feuer — als die drei zuſammenſaßen und ihre
Pfeifen rauchten, ſagte der Alte:
„Kinder, ſchön und recht iſt's nicht, daß uns der Landgraf
ſo gegen unſern Willen verhandelt, und könnt' ich davon — ich
tät's gern. Ich habe unter meinem großen Rönig Friedrich II.
gekämpft, und das Berz geht mir auf von Stolz, wenn ich daran