Full text: Aus Tagen deutscher Not

daß Er uns ausweicht? — Immer heran ... Er iſt gereiſt und 
kann etwas erzählen!“ 
„Wenn es erlaubt iſt!“ ſagte Seume und ſetzte ſich zu den 
andern. Er beſtellte ſich Eſſen und einen Trunk, und in ſeiner 
ehrlichen, treuherzigen Art erzählte er, was er ſei, woher er 
komme und wohin er wolle. Der eine von den Gäſten war be— 
ſonders freundlich, ein Mann mit einem roten, vollen Geſichte 
und gemütlicher Sprechweiſe. Er zeigte dem fahrenden Studenten 
eine unverkennbare Teilnahme, die dieſem wohl tat und ihn immer 
geſprächiger werden ließ. 
„Alſo nach Paris will Er!“ ſagte der Mann. „Das iſt weit, 
und Er hat Mut, ſolche Leute lieb' ich, und wir müſſen anſtoßen 
auf eine glückliche Fahrt. Be, Wirt, eine Uanne Roten, aber 
keinen Krätzer!“ 
Seume wollte ablehnen, aber der andere wußte ihm ſo 
freundlich zuzureden und auch die zwei, die daneben ſaßen, waren 
von ſo herzlichem Entgegenkommen und mahnten ihn, Beſcheid 
zu tun, ſo daß es ihm unhöflich erſchienen wäre, wenn er nicht 
mitgetrunken hätte. 
Der Abend ſchritt vor, und Seume dachte daran, ſich zur Ruhe 
zu begeben, da er am andern Morgen zeitig aufbrechen wollte. Da 
ſprach der gaſtfreundliche Bürger: 
„Za, laſſen wir's genug ſein! Aber erſt wollen wir doch 
noch eine patriotiſche Pflicht tun, und unſerm Landgrafen Friedrich 
ein Vivat bringen! Es wird ihm viel Schlimmes mit Unrecht ö 
nachgeſagt, und er hat viel Schönes und Gutes getan für unſer 
Land. Alſo hebt die Becher und ſtoßt an: Friedrich der Sweite 
von Heſſen⸗Kaſſel lebe hoch!“ 
Seume fühlte ein leiſes Unbehagen, aber das gemütliche 
Weſen ſeiner Genoſſen, und der Wein, der ihm die volle geiſtige 
Rlarheit raubte, taten das Ihrige, ihn zu beruhigen, und ſo ſtieß ö 
er mit den Dreien an und rief: „Er lebe hoch!“ 
Sie tranken, der freundliche, behäbige Bürger aber wiſchte 
ſich den Mund ab, ſetzte ſeinen Becher auf den Tiſch und ſagte 
mit einem ſeltſamen Lächeln: 
„So wär' ja alles in Ordnung, und Er iſt von dieſem Augen-— 
blicke in heſſiſchen Dienſten!“ 
Der Student erſchrack und rief: „Was ſoll das heißen?“ ö 
„Das heißt — war die Antwort — daß er von dem Werbe— ö
	        
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