„Belf mir Gott, wenn ich nicht Blut und Leben einſetze für
Einheit, Freiheit, Recht unſeres Volkes!“
Seumes Antlitz leuchtete auf; wie eines Sehers Augen glänzten
ſeine Blicke; er ſprach: „Sie wird kommen, die große Seit —
ich werde ſie nicht mehr ſchauen — aber ſie wird kommen. Dann
denkt an mich!“
Langſam, wie aus einem Traume erwachend, richtete er ſich
ein wenig auf; er ſchaute durch das Fenſter in das Frühlingsland
und nach dem Eichbaum an der Wieſe, der nicht fern mit ſeinen
junggrünen Sweigen grüßte, und ſagte ruhig:
„Wenn ich hier ſterbe, begrabt mich unter jener Eiche —
es iſt der Baum Deutſchlands. ..“
Wenige Tage ſpäter, es war am Vormittage des J5. Juni,
verſchied der edle, kerndeutſche Mann. Ein ÄVreis von alten und
neuen Freunden, an denen er auch in Teplitz nicht arm war,
gab ihm das Geleit nach ſeiner letzten Ruheſtätte. Er wurde
in der Tat unter jener Eiche gebettet, wie er es gewünſcht hatte.
Tiefergriffen ſtanden Wilhelm und Guſtav s an dem Grabe und
ließen jeder eine Bandvoll Erde auf den Sarg fallen, und der
jüngere Mann ſprach halblaut: „Er wird fortleben in ſeinem
Volke.“
Nahezu drei Jahre waren vergangen, der Stern Napoleons
war im Sinken begriffen. Auf den Eisfeldern Rußlands wurden
nach dem Brande von Moskau ſeine Beere durch Hunger und
Winterkälte vernichtet. In Deutſchland brach der nationale Frei⸗
heitsdrang mit elementarer Gewalt hervor, ſodaß der Nönig von
Preußen, fortgeriſſen von der einmütigen Begeiſterung des
deutſchen Volkes, an Frankreich den Krieg erklärte und den be—
kannten „Aufruf an mein Volk“ erließ, der eine ungeahnte Wirkung
hatte. Alt und Jung, Arm und Reich, Bürger und Gelehrte,
Bauern und Rünſtler kamen einmütig, um endlich zu werden „ein
einig Volk von Brüdern.“
Es war in den Märztagen in Breslau. Auf dem Markte
wogte eine begeiſterte Menge; es wurde geredet, geſungen, ge⸗
betet. Die Jugend jauchzte. Da war auch ein junger, ſtattlicher
Mann aufgetreten, Dr. Guſtav Beiter. Laut und volltönig
redete er in die erregte Menge:
„Laßt mir das Wort, Freunde! Ein treuer Toter will durch
mich zu euch reden. Beute in der allgemeinen Begeiſterung ſoll er
Ohorn, Not. 0