Full text: Aus Tagen deutscher Not

Sohn in freudiger Ergriffenheit, und bald ſaß der Syrakus⸗ 
Wanderer an ihrem gaſtlichen Tiſche. Alles Trübe war wie 
herausgewiſcht aus ſeinem Berzen; das Gefühl, daheim zu ſein, 
überwog alles. 
Der Abend war vorgerückt, Mutter und Sohn bereiteten ſich 
zur Ruhe zu gehen, da pochte es am Hoftore. Ein Rnecht ging, 
um zu öffnen, und man hörte durch die Stille die Frage, ob hier 
Frau Seume hauſed Auf die bejahende Antwort kamen Schritte; 
Mutter und Sohn erhoben ſich neugierig, um zu ſehen, wer noch 
ſo ſpät käme. Die Frau erhellte den dunklen Flur ein wenig mit 
dem brennenden Vienſpan, der zwei Männer beleuchtete, einen 
älteren und einen jüngeren. Als Seume den erſteren anſah, eilte 
er mit einem Jubelrufe auf ihn zu, und ſchweigend lagen ſich beide 
in den Armen. Es war Wilhelm Beiter 
Gleich darauf ſaßen vier Menſchen um den Tiſch, und Wil⸗ 
helm berichtete, wie er bei Nacht und Vebel eingebrochen ſei, 
nur um ſeines lieben Seume Mutter zu ſehen und von ihr zu 
erfahren, wo er den Freund treffe, denn ihn wollte er aufſuchen. 
Und da habe ein glückliches Geſchick ihn gut geführt. 
„Und was ich bei dir will?“ fuhr er fort. — „Mier, den da, 
meines Bruders Sohn, Guſtav, will ich zu dir bringen. Seine 
Eltern ſind lange tot, und da wir keine Kinder haben, haben wir, 
mein Weib und ich, ihn ins Haus genommen und erzogen wie 
unſeren eigenen. Er hat ein gut Ingenium, hat etwas gelernt und 
ſoll nun für die hohe Schule ſich vorbereiten. Und da ſollſt du 
ihn zu dir nehmen, Freund. Du wirſt einen tüchtigen Kerl aus 
ihm machen an Leib und Seele, und wirſt ihm die Liebe zum 
deutſchen Vaterlande beibringen, und die tut unſerer Jugend not 
in dieſen Seitläufen . . . willſt du, Gottfried?“ 
Seume ſah in das friſche, ehrlich⸗treuherzige Geſicht des 
Jünglings und reichte ihm ſeine Retche, während er die Linke 
Wilhelm hinhielt. 
„Das gilt!“ ſagte er — „ich tue, was ich kann, einen braven 
Menſchen und guten Deutſchen, in summa einen ganzen Uerl aus 
ihm zu machen, und es freut mich, Wilhelm, daß du ſolch 
Sutrauen zu mir haſt. Das tut wohl nach meiner Erfahrung 
von heute!“ 
Er erzählte das Erlebnis mit Kratzmann und den Offizieren, 
und Heiter rief ingrimmig:
	        
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