Wit der großen Armee 1812 nach Moskau ε 7
Die Schlacht endete mit Einbruch der Dunkelheit, und wir ver⸗
blieben während der Nacht auf den 8. auf unſerm Platze. Ich beſuchte
an dieſem Tage in Begleitung des Unteroffiziers Grangier, eines
Regimentskameraden, mit dem ich vor Witebsk die Nacht vom 27. zum
28. Zuli im Kreiſe unſerer Landsleute und der hübſchen Spanierin ſo
fröhlich zugebracht hatte, das Schlachtfeld. Es war ein Gang, der uns
die ſchrecklichſten Bilder ſehen ließ. Wir kamen dabei auch an eine
Schlucht, um welche beſonders heiß gekämpft worden war. Fetzt
ſtanden in derſelben die Zelte des Königs Murat. In dem Moment,
wo wir anlangten, vollzog der Leibarzt des Königs gerade an zwei ſchwer
verwundeten Kanonieren der kaiſerlich ruſſiſchen Garde eine Bein-
amputation. Nachdem die Operation vorüber war, ließ der König
jedem der beiden Unglücklichen ein Glas Wein reichen. Darauf ſtieg
er auf den Rand der Schlucht und betrachtete die ſich dort ausbreitende,
von einem Gehölz begrenzte Ebene. Auf dieſer hatte er während der
Schlacht auf dem Rückzug befindliche feindliche Truppen mit ſeiner
Kavallerie attackiert und viele der Moskowiter ins Gras beißen laſſen.
Seine glänzende Tapferkeit, ſeine Kaltblütigkeit und ſtolze Haltung,
wenn er, den Säbel in der Fauſt, Befehle erteilte oder wenn es galt,
auch ſelbſt mit einhieb, erregten immer Bewunderung. Er war ſtets
weithin zu erkennen an ſeinem ſchmalkrempigen Sammethut mit dem
wallenden weißen Federbuſch und ſeinem flatternden Mantel.
Am 9. verließen wir das Schlachtfeld und kamen am ſelben Tage
nach Moſhaisk. Dort hatte jenſeits der Stadt auf einer Anhöhe die
Nachhut des Feindes Stellung genommen. Unbekümmert um die
Stärke des Gegners, ſtieg eine Kompagnie Voltigeure und Grenadiere
des 55. Linienregiments, welche dem Vortrupp angehörte, den Abhang
hinauf. Sie wurde bald von mehreren Schwadronen Küraſſieren und
Koſaken angegriffen, formierte aber Knäuel und demnächſt Karree,
und wies mit ihrem Feuer die Angreifer ab, worauf ſie die Anhöhe ge⸗
wann, während die ruſſiſche Nachhut abzog.
Den 10. verfolgten wir den Feind bis zum Abend, und nach Be⸗
endigung des Marſches wurde ich zu der Wache kommandiert, welche
das Schloß zu beſchützen hatte, in dem der Kaiſer die Nacht zubrachte.
Die Stelle des mir angewieſenen Poſtens befand ſich auf einem Wege,
der zum Schloß führte. Kurze Zeit nach meiner Ankunft daſelbſt kam
ein polniſcher Diener, deſſen Herr im Stabe des Kaiſers war, mit einem
Packpferd an der Hand vorüber. Das Tier ſchleppte ſich nur noch müh⸗
ſam und brach dicht bei uns zuſammen. Alle Mühe des Dieners, es
wieder aufzubringen, war vergeblich; er packte es deshalb ab, belud
ſich ſelbſt mit den Sachen und überließ das Pferd ſeinem Schickſal.
Kaum hatte er es verlaſſen, als meine ſehr hungrigen Leute das dem
Verenden nahe Tier töteten und die beſten Teile herausſchnitten. Wir
brachten alsdann die ganze Nacht mit Eſſen und Kochen für den näch⸗
ſten Tag zu.
Am Morgen kam der Kaiſer mit König Murat und einem Kabinetts-
chef den Weg vom Schloß entlang. Zch ließ meine Mannſchaft ſofort
unter Gewehr treten, und als der Kaiſer bei uns anlangte und des