it der großen Armee 1812 nach Moskau νεε
Den Reſt des Tages wußten wir uns ſo einzurichten, als wenn
wir Gott weiß wie lange in der Staͤdt bleiben würden. Vornehmlich
ordneten wir auch in unſerm Keller die dort aufgeſpeicherten ſieben
großen Kiſten Champagner, den vielen Port- und andern ſpaniſchen
Wein, ſowie fünfhundert Flaſchen Zamaika-Rum nebſt über hundert
Zuckerhüten; all das für ſechs Anteroffiziere, zwei Frauen und einen
Koch. ö 10
Fleiſch war knapp; an dieſem Abend jedoch wurde eine Kuh ein⸗
gebracht. Wo ſie herkam, weiß ich nicht, jedenfalls aber wohl von einem
unerlaubten Ort, denn wir ſchlachteten ſie in der Nacht, um nichts da⸗
von merken zu laſſen.
Im übrigen beſtanden unſere eingeheimſten Wintervorräte aus
einer Menge Schinken, eingeſalzenen Fiſchen, mehreren Säcken Mehl
und zwei großen Tonnen mit Fett, deren Inhalt wir bei der Rettung
für Butter gehalten hatten. Auch an Bier fehlte es nicht. Mit dieſen
Beſtänden durften wir hoffen, es eine ganze Weile gut aushalten zu
können.
Um zehn Uhr erhielten wir plötzlich Befehl, die Mannſchaftsquartiere
zu revidieren, um zu ſehen, ob alles von der Kompagnie zu Hauſe wäre;
es fehlten achtzehn Mann. Die übrigen ſchliefen ruhig im Billardſaal.
Sie lagen auf koſtbaren Zobelpelzen, Löwen-, Fuchs und Bärenfellen.
Einige hatten ſich den Kopf turbanartig mit wertvollen Kaſchmirſchals
umhüllt, ſo daß ſie mehr Sultanen als Grenadieren glichen.
Ich hatte die Reviſion meiner Leute bis um elf Ahr ausgedehnt,
um die Abweſenden nicht melden zu müſſen; ſie kehrten glücklicher⸗
weiſe auch bis zu dieſer Zeit zurück, keuchend unter der Laft geretteter
Sachen. Unter den bemerkenswerten Gegenſtänden, die ſie heim⸗
brachten, befanden ſich mehrere prachtvoll ziſelierte ſilberne Tabletts;
jeder hatte auch einen von den Silberbarren in Größe und Form eines
Ziegelſteins, die ich ſchon früher einmal erwähnte. Alles andere be—
ſtand aus Pelzwerk, indiſchen Schals und ſeidenen, mit Gold und Silber
durchwirkten Stoffen. Die unermüdlichen Zungens baten mich, die
ö Reiſe gleich noch zweimal unternehmen zu dürfen, da ſie in einem
Keller noch Wein und verſchiedene Büchſen zurückgelaſſen hatten. Na,
ich drückte ein Auge zu und gewährte ihnen die Erlaubnis und gab ihnen
auch noch einen Gefreiten mit. Hierbei möchte ich erwähnen, daß wir
Unteroffiziere von allen vor dem Feuer geretteten Gegenſtänden eine
Steuer von mindeſtens zwanzig Prozent erhoben.
ö Der 22. wurde der Ruhe, der fortgeſetzten Bermehrung unſerer
Vorräte, dem Rauchen, Singen, Lachen, Eſſen und Trinken und dem
ö Umherſchlendern gewidmet.
Am 23. wurde ein Sträfling im Hofe des Kaffeehauſes erſchoſſen.
Später kam der Befehl, uns bereit zu machen, am nächſten Morgen
vom Kaiſer beſichtigt zu werden.
Am 24. marſchierten wir um acht Ahr morgens nach dem Kreml.
Als wir eintrafen, waren ſchon mehrere Regimenter verſammelt. Es
wurden an dieſem Tage viele befördert und dekoriert, lauter Leute,