Full text: Mit der großen Armee 1812 nach Moskau und in der brennenden Stadt

WMit der großen Armee 1812 nach Moskau I 
Habſeligkeiten bewachten, die ſie gerettet oder auch vielleicht geſtohlen 
hatten. Wir machten einem Fuden begreiflich, daß er uns nach dem 
Gouvernementsplatz führen ſollte, trotz ſeines Geleits erreichten wir 
aber, infolge der vielen Umwege, zu denen wir gezwungen wurden, 
und verſchiedener anderer Schwierigkeiten haͤlber erſt um elf Uhr nachts 
den Ort, den wir etwa vor vierundzwanzig Stunden verlaſſen hatten. 
Ich legte mich ſofort auf ſchöne Pelze, die unſere Leute in Menge zu— 
ſammengeſchleppt hatten, und ſchlief bis ſieben Ahr morgens. 
Die Kompagnie war noch immer nicht von ihrem Poſten abgelöſt 
worden, da alle Regimenter, über welche der Gouverneur der Stadt, 
Marſchall Mortier, verfügte, ſeit 36 Stunden beſchäftigt waren, das 
Feuer zu bekämpfen, welches immer, wenn es auf einer Stelle gelöſcht 
war, auf einer andern wieder ausbrach. Zwar gelang es, viel mehr 
Häuſer zu retten, als wir zur Unterkunft bedurften, aber die Anſtren⸗ 
gungen, welche das erforderte, waren groß, denn Roſtoptſchin hatte 
mit ſchlauem Vorbedacht alle Spritzen beiſeite geſchafft; jedenfalls 
waren die, welche er hatte ſtehen laſſen, gänzlich unbrauchbar. 
Am 16. wurde befohlen, alle auf der Tat ertappten Brandſtifter 
zu erſchießen. Dieſer Befehl kam auch alsbald zur Ausführung. Ein 
in der Nähe des Gouvernementsplatzes gelegener kleiner Platz, auf 
dem mehrere Brandſtifter erſchoſſen und dann an Bäume gehängt 
wurden, hieß bei uns von da ab ‚der Platz der Gehängten. 
Gleich beim Einzug in Moskau hatte der Kaiſer dem Marſchall 
Mortier aufgegeben, alles Plündern ſtrengſtens zu unterſagen. Das 
war auch geſchehen, als aber bekannt wurde, daß die Ruſſen die Stadt 
in Brand ſteckten, waren die Mannſchaften nicht mehr zu halten. Feder 
nahm ſich, weſſen er bedurfte und auch mehr. 
In der Nacht des 17. ſchickte mich der Kapitän mit zehn Leuten 
aus, um nach Lebensmitteln zu ſuchen. Zwaͤnzig Mann ſandte er nach 
einer andern Seite. Er befahl uns, bei dem Geſchäft die ſtrengſte Ord⸗ 
nung zu halten. Das Plündern war jetzt ſozuſagen ſtillſchweigend er⸗ 
laubt. Die Truppen nannten es: auf den Fahrmarkt gehen. 
Zuerſt zogen wir durch eine von unſerm Platz ausgehende Straße, 
in der es zwar ſchon zweimal gebrannt hatte, deren Erhaltung aber 
doch gelungen war, und auf welcher viele höhere Offiziere und Be⸗ 
amte der Armee wohnten. DQurch andere völlig zerſtörte Straßen kamen 
wir dann in einen Stadtteil, der vom Feuer noch gar nicht berührt worden 
war. Die tiefſte Stille herrſchte; man ſah nichts, als einige unbeſpannte 
Wagen. Wir durchſtöberten dieſelben, es fand ſich aber nichts darin vor— 
Kaum hatten wir ſie verlaſſen, als ein durchdringender Pfiff hinter 
uns erſchallte und zweimal in verſchiedenen Richtungen beantwortet 
wurde. Nachdem wir eine Weile geſtanden und gelaͤuſcht, aber nichts 
mehr vernommen hatten, beſchloſſen wir, zwei Häuſer zu durchſuchen, 
die ſo ausſahen, als könnten ſie nützliche Dinge bergen. Ich mit fünf 
Mann wollte das eine, ein Gefreiter mit den andern fünf Mann ſollte 
das zweite nehmen. Wir zündeten unſere Laternen an und zogen die 
Säbel. ö
	        
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