IESIIIIII François Bourgogne See
Wir hatten ſchon eine große Strecke zurückgelegt, als wir plötzlich
eine ganz offene Stelle ſahen. Es war das Zudenviertel, deſſen kleine,
ganz aus Holz erbaute Häuſer vom Feuer bis auf den Grund verheert
waren. Bei dieſem Anblick ſtieß unſer Führer einen Schrei aus und
ſtürzte bewußtlos nieder. Wir befreiten ihn ſogleich von der Laſt, die
er trug, flößten ihm etwas Branntwein ein und goſſen ihm davon auch
ins Geſicht. Darauf ſchlug er die Augen auf und gab uns auf unſere
Fragen zu verſtehen, daß ſein Haus ein Raub der Flammen geworden
und in dieſen wahrſcheinlich ſeine Familie umgekommen wäre. Als
er dies ſagte, fiel er in eine neue Ohnmacht, ſo daß wir uns entſchließen
mußten, ihn liegen zu laſſen, obwohl wir das ſehr ungern taten, denn
wir wußten nicht, was inmitten eines ſolchen Labyrinthes ohne Führer
aus uns werden ſollte. Indeſſen aufhalten konnten wir uns nicht länger,
und ſo beluden wir einen unſerer Leute mit den Sachen, die der Jude
getragen hatte, und ſetzten unſern Weg fort. Bald aber waren wir
gezwungen ihn zu unterbrechen.
Bis zur nächſten Straße hatten wir mindeſtens noch hundert Schritte.
Auf dieſer Strecke aber flog die glühende Aſche ſo dick, daß wir fürchten
mußten zu erblinden, wenn wir uns hineinwagten. Im Überlegen,
was wir tun ſollten, ſchlug der eine meiner Freunde vor, ſo ſchnell als
möglich hindurchzurennen; ich aber riet dazu, lieber noch zu warten,
und die andern ſtimmten mir bei. Unmittelbar hierauf ſtürmt jedoch
der, welcher den Vorſchlag gemacht hatte, mit dem Rufe davon: „Wer
keine Memme iſt, folge mir!“ und alle andern rennen ſofort hinter ihm
drein, nur ich und der Soldat, welcher unſere Beute trägt, bleiben zurück.
Letztere beſtand noch aus drei Flaſchen Wein, fünf Flaſchen Likör und
eingelegten Früchten.
Kaum hatten die Davongelaufenen dreißig Schritte gemacht, als
ſie unſern Augen in einem Wirbel heißer Aſche entſchwanden. Der
vordere war der Länge nach hingeſchlagen; er ſah nichts mehr und ſchrie
und fluchte wie ein Teufel. Die andern hoben ihn auf und mußten
ihn führen, konnten aber bald nicht mehr vor- und rückwärts. Es ver⸗
ging über eine Stunde, ehe wir uns wieder vereinigten. Während dieſer
Zeit verſuchte der faſt Erblindete ſich die Augen mit Speichel auszu⸗
wiſchen, unzweifelhaft würde er aber dazu von unſerm Wein genommen
haben, wenn er ihn bei ſich gehabt hätte. Da auf dieſe Weiſe jeden⸗
falls eine Flaſche verloren geweſen wäre, ſo leerte ich dieſe auf der Stelle
mit dem mir treu gebliebenen Kumpane.
Als wir endlich wieder zuſammen waren, erkannten wir die Un⸗
möglichkeit, hier unſern Weg fortſetzen zu können. Schon beſchloſſen
wir deshalb umzukehren, da kam uns der Gedanke, jeder ſollte eine der
herumliegenden Zinkplatten nehmen, um den Kopf gegen Wind, Flam-
men und Aſche zu decken. Das geſchah; wir gaben ihnen eine kleine
Rundung, hielten ſie mit den Händen feſt und fanden ſo den erwünſchten
Schutz.
Dicht hintereinander herſchreitend gelangten wir nunmehr über
die ſchwierige Strecke hinweg und in eine neue Straße, wo viele jüdiſche
und einige chineſiſche Familien auf der Erde kauerten und ihre geringen