Full text: Mit der großen Armee 1812 nach Moskau und in der brennenden Stadt

Mit der großen Armee 1812 nach Moskau ε 17 
am Tage vorher eingezogen war. Die Nacht vom 14. zum 15. hatte 
er in einer Vorſtadt zugebracht. 
Wir fanden hier Kameraden vom 1. Chaſſeurregiment, die auf 
Pikett lagen und uns aufforderten, an ihrem Frühſtück teilzunehmen. 
Wir aßen friſches Fleiſch, das wir lange nicht genoſſen hatten, und tranken 
vorzüglichen Wein. Unſer Begleiter, der Zude, mußte trotz ſeines Wider⸗ 
ſtrebens Schinken koſten. Sein Widerſtand aber wurde hauptſächlich 
wohl durch den Anblick von Silberbarren gebrochen, welche die Chaſſeure 
ihm zu verhandeln verſprachen, wenn er Schinken äße. Die Barren 
ſtammiten aus der Münze und hatten die Größe und Form eines Mauer⸗ 
ſteins. Man hatte viele davon gefunden. 
Kurz vor Wittag ſchwelgten wir noch mit unſern Freunden, den 
Rücken gegen die Rieſengeſchütze gelehnt, die zu beiden Seiten des 
Tores des Arſenals ſtehen, welches dem Schloß gegenüber liegt, als 
der Ruf: „An die Gewehre!“ erſchallte. Das Feuer war in den Kreml 
gedrungen. Wenige Minuten ſpäter fielen ſchon brennende Holzſtücke 
in den Hof, wo ſich alle Munitionswagen der Gardeartillerie befanden. 
Ganz in der Nähe derſelben lag eine Menge Werg, welches die Ruſſen 
zurückgelaſſen hatten und das zum Teil ſchon brannte. Die Furcht vor 
einer Exploſion verurſachte einige Anordnung, beſonders durch die 
Anweſenheit des Kaiſers, den man gewiſſermaßen mit Gewalt zwingen 
mußte, den Kreml zu verlaſſen. 
Während dieſes Wirrwarrs entfernten wir uns, um zum Regiment 
zurückzukehren. Wir hatten dem Fuden begreiflich gemacht, wo ſich 
dasſelbe befand, und er ließ uns eine Richtung einſchlagen, die unſern 
Weg abkürzen ſollte. Doch es war unmöglich vorwärts zu gelangen, 
überall trieben die Flammen uns zurück. Wir mußten warten, bis ein 
Durchlaß frei wurde, denn augenblicklich ſchien der Kreml völlig von einem 
Feuerring umſchloſſen, und der ſehr heftige Wind ſchleuderte uns bren⸗ 
nendes Holz zwiſchen die Beine. Ein Kellerraum, der ſchon von Men⸗ 
ſchen überfüllt war, gewährte auch uns Schutz. Als wir denſelben nach 
längerem Verweilen wieder verließen, trafen wir auf Regimenter der 
Garde, welche nach dem Schloſſe Peterskoi, dem für den Kaiſer ge⸗ 
wählten Zufluchtsort abrückten. Nur ein einziges Bataillon blieb im 
Kreml zum Schutz des Palais zurück, in welches der Kaiſer am 18. 
wieder einzog. 
Wind und Feuer raſten weiter, wir konnten aber nunmehr den 
für den Kaiſer freigelegten Durchweg benützen. Er führte uns an das 
Ufer der Moskwa, welches wir zunächſt verfolgten. Alsdann wandten 
wir uns Straßen zu, die vom Feuer noch weniger ergriffen waren, oder 
ſolchen, deren Häuſer ſchon gänzlich zuſammengefallen waren. 
Aus einer diefer letzteren kamen wir in ein völlig eingeäſchertes 
Stadtviertel, wo unſer Fude mit vieler Mühe eine Straße zu erkennen 
ſuchte, die uns nach dem Gouvernementsplatz führen ſollte. 
In der Richtung, die wir jetzt eingeſchlagen hatten, lag uns der 
Kreml zur Linken. Der Wind trieb uns die heiße Aſche in die Augen, 
und der faſt glühende Schutt, über den wir größtenteils gehen mußten, 
verbrannte uns die Sohlen.
	        
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