Full text: Märchen

Niemand. Als aber das Mädchen ſchlief, kam ein weißer 
Rabe geflogen, zerhackte das Fenſter, machte das goldene 
Schloß der Kette auf und flog mit der Kette davon. Da 
wachte Troſtäuglein wieder heiter auf und aller Kummer 
war fort. 
Der Rabe hatte aber nicht nur die Kette fortgetragen, 
er hatte auch der böſen Hexe die Augen ausgehackt, ſo daß 
ſie Troſtäuglein nicht mehr finden konnte. 
So wurde nun das Glück des Mädchens nicht mehr 
geſtört. Als aber die Frau Königin geſtorben war und der 
König ſeinen Tod nahe fühlte, ſchenkte er der ſchönen 
Jungfrau ein prächtiges Schloß und zwei Tonnen Goldes. 
So war Troſtäuglein nicht nur das ſchönſte, ſondern 
auch das reichſte Mädchen im Lande. 
Als es einmal ſchlief, wurde es plötzlich durch einen 
Kuß auf die Stirn geweckt. Siehe, da ſtand die rechte 
Mutter vor ihm und blickte freundlich ihr Kind an und 
ſprach: „Kennſt du mich? Liebſt du mich noch?“ Da 
weinte Troſtäuglein vor Freuden. „Ja, mein Troſtäuglein, 
ich bin dir mit meiner Liebe immer nahe geweſen. Ich 
war der Baum, der dich verhüllte; das Reh, das dich 
davon trug; das Täublein, das dich nährte; der Rabe,
	        
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