Full text: Märchen

augen blicken kann.“ Mädchen ſagte freudig: Ja! 
und kam nun in des Königs Schloß. 
Sie wurde zur Frau Königin geführt. Kaum hatte ſie 
das Kindlein angeblickt, als ſie aufhörte zu weinen und 
ganz fröhlich wurde und mit Troſtäuglein ſcherzte und lachte. 
Nun hatte es Troſtäuglein gut, denn es wurde gehalten 
wie eine Prinzeſſin, und wuchs und wurde bald die ſchönſte 
Jungfrau im Lande. 
Eines Tages kam eine Handelsfrau zur Königin und 
bot dieſer viele koſtbare Sachen an. Unter dieſen befand 
ſich auch ein Kettlein mit Perlen. „Das wäre ein Schmuck 
für die ſchöne Prinzeſſin,“ ſagte die Handelsfrau, und die 
Königin kaufte das Kettlein und ſchenkte es Troſtäuglein. 
Die Handelsfrau war aber Niemand anders, als die 
böſe Stiefmutter. Das Kettlein war aus Kummerthränen 
gemacht, und wer es trug, der mußte ſich zu Tode weinen 
und wußte nicht, warum. 
Als nun Troſtäuglein das Kettlein trug, da fing es an 
zu weinen und weinte Tag und Nacht und konnte doch 
nicht ſagen, warum es ſo traurig ſei. Und weil nun die 
Königin die hellen Augen nicht mehr ſah, wurde auch ſie 
traurig und fing an zu weinen. An die Thränenkette dachte
	        
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