Full text: Lehren der Weisheit und Tugend

Zwölftes Platt. 
Klugheit und Einfalt. 
Der kluge Vogel. 
Eine Schlange windet ſich aus ihrem Verſteck hervor, zün⸗ 
gelt nach dem Vogel hin und ſagt: bleibe hier, Geliebter, fliege 
nicht von dannen! Es iſt ein ſchoͤner Morgen, laß uns ſprechen 
von dieſem und dem! 
Der Vogel ſagt gar nichts, wendet ſeinen Kopf zur Seite, 
entfaltet ſeine Flügel, huſch! iſt er fort. Ich kenne dich, 
Schlange, ſpricht er für ſich, dein Spiel iſt mein Tod! 
Der aufrichtige Knabe. 
Wenn es Zeit iſt, ſoll man reden. Man ſoll die Wahr— 
heit reden, auch wenn das Zeugniß Gefahr bringt. 
Ein koſtbares Gefaß war zerbrochen. Die Scherben lagen 
vor dem Hauſe. Die Mutter ſah es, rief den Vater, zeigte 
ihm die Scherben und holte dann die Magd herbei. Auf dieſe 
fiel der Verdacht, daß ihre Unvorſichtigkeit den Schaden ange— 
richtet habe. Aber ſie wälzte die Schuld von ſich, ſie ſagte 
auf mehrmaliges Befragen, ſie habe die zerbrochene Schaale nicht 
in den Haͤnden gehabt und ſei unſchuldig. 
Nun rief die Mutter ihren Sohn Eduard und fragte ihn, 
ob er das Gefäß zerbrochen habe. 
Weisheit und Tugend. 4
	        
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