Zehntes Platt.
Demuth und Stolz. Geſcheidenheit und
Anmaßung.
Der Pfau.
Der Pfau geht über den Hof; er trägt das Haupt hoch,
das Gefieder, das ihm Hals und Bruſt bedeckt, glänzt im Son—
nenſchein. Weithin ſtrahlt ſein rund wie ein Fächer ausgeſpann—
ter Schweif mit dem grüngoldenen Schimmer, mit den tiefblauen
Augen. Wahrhaft prachtvoll iſt dies Geſchöpf aus Gottes
Hand, der Pfau! — Aber er ſcheint das auch zu wiſſen; maje—
ſtätiſch ſchreitet er daher, er hebt den Fuß langſam und ſetzt
ihn langſam nieder; er würdigt kein Thier des Anblickens: „ich
bin allein ſchön!« denkt er in ſeiner Hoffahrt.
Da kommt ein kleiner, ſchelmiſcher Knabe, ſpritzt ihm aus
einem Rohr ein wenig Waſſer auf den hochgetragenen Kopf —
und ſiehe, ſchnell ſinkt der Schweif des ſtolzen Geſchöpfs und
es läuft in einen Winkel des Hofes. Da ſchämt er ſich viel—
leicht etwas, der ſtolze Pfau!
Das geputzte Mädchen.
Vor einem halben Jahre noch ging es in die Schule, wo
es eben nicht ſehr fleißig und artig war, aber es hielt doch
Freundſchaft mit den Nachbarskindern, deren Eltern arm ſind,
während des Mägdleins Vater reich und vornehm iſt. Nachdem