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lebt nicht wieder auf, denn eine feindliche Kugel hat ihm das
Herz getroffen und er hat ſich verblutet. Jahre laͤng trug ihn
das treue Roß in guten, wie in böſen Tagen, zu manchem
ſchweren Kampfe, wie zur prächtigen Heerſchau, durch manche
ſchoͤne Stadt und durch manches liebliche Dorf. Er ſorgte für
daſſelbe Tag für Tag, wie man für einen Freund ſorgt, heute
trug es ihn zum Tode. — Da liegt er nun unbeweglich und
das treue Thier weicht nicht von ihm, läßt ſich durch den nahen
Kanonendonner nicht ſchrecken und wenn man es nicht mit Ge—
walt hinwegzieht von ſeinem Herrn, ſinkt es wohl auch durch
eine Kugel dahin! — O es iſt etwas Großes und Herrliches
um die Treue!
Packau, der Wächter.
Da iſt mitten in der Nacht ein Dieb über die Mauer ge—
ſtiegen, hat ſich in den Hof geſchlichen und will in das Haus
ſteigen, um zu nehmen, was nicht ſein iſt. Aber Packan hat
ihn gehöͤrt, der treue Wächter, hat ſogleich laut gebellt und
ſprang dann auf den böſen Mann zu, um ihn zu zerreißen. Der
hält ihm ſchnell ein Stück Fleiſch entgegen, um ihn ſtill zu
machen. Packan jedoch läßt ſich nicht beſtechen, er bellt lauter
und ſtärker und ſpringt abermals auf den Dieb los, der ſich mit
einem dicken Stocke wehrt.
Der Hausherr iſt erwacht, oͤffnet das Fenſter und erblickt
den Mann auf dem Hofe. Schnell ergreift er eine Waffe, öff—
net die Thür und ruft: Diebe!
Waͤhrend dieſer Zeit hatte aber der Dieb dem treuen
Wächter einen heftigen Schlag gegeben, durch welchen dieſer
einige Augenblicke betäubt wurde; dann kletterte es ſchnell uͤber
die Mauer und ſuchte das Weite. Bald darauf fing man ihn
jedoch ein und warf ihn in das Gefängniß. Dem Packan aber
blieb ſein Herr zeitlebens dankbar.
Der Wolf und die Schaafe.
In ſtiller, tiefer Nacht ging ein alter Wolf, erfahren im
Rauben, durch den Wald und naͤherte ſich einem Dorfe, um
Beute zu ſuchen.