Full text: Lehren der Weisheit und Tugend

Siehentes Platt. 
Zuverläſſigteit und Lalſchheit. Ehrlichkeit 
und Diebſtahl. 
Treue bis in den Tod. 
Es iſt eine alte Erfahrung, daß Thiere oft getreuer ſind, 
als Menſchen. Traurig genug, aber, wie geſagt, wahr! — 
Ein Knabe hatte einen Hund, den er ſehr liebte. Eh' er 
ſelbſt des Morgens etwas aß, gab er ſeiner Bella, ſo hieß der 
Hund, Brot und Milch und ſo ging es den Tag über bis zum 
Abend. Er verſorgte ſeinen Liebling mit allem Nöthigen und 
hielt ihn gut. Dafur war Bella ſehr dankbar, wenn der Knabe 
aus der Schule oder ſonſt woher nach Hauſe kam, lief ſie ihrem 
Wohlthaͤter entgegen, bezeigte ihm ihre Freude und gehorchte 
jedem ſeiner Winke. 
Der Knabe ward ploͤtzlich krank und ſtarb. Bella winſelte, 
ließ die Ohren hängen und ſchlich traurig umher. Nach drei 
Tagen ward der Knabe beerdigt und ein Kreuz auf ſein Grab 
geſtellt. Die Eltern trauerten um das gute Kind, das ihnen 
Gott genommen, und es war ſehr ſtill im Hauſe. 
Nach einigen Tagen fragte die Mutter: wo iſt doch Bella, 
die auch ſo traurig war? ich habe ſie in den letzten Tagen nicht 
geſehn. Niemand hatte den Hund geſehn. 
Am Abende ging die Mutter aus, um das Grab 
ihres Kindes zu beſuchen und an demſelben zu weinen und 
zu beten. — Am Grabe ſaß Bella, traurig den Kopf hinab—
	        
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