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Ehe es aber ſo weit kommt, koſtet es manche Anſtrengung
und mancher Schweißtropfen perlt in den heißen Tagen von der
Stirn, denn im Schweiße unſeres Angeſichtes ſollen wir unſer
Brod eſſen, — ſo will es Gott.
Da hat der Vater vom frühen Morgen an, als die Sonne
aufging, mit emſigem Fleiße gearbeitet und gönnt ſich eine kurze
Erholung. Ein kühler Trunk Waſſers labt ihn und am Quell
ſtehen Bruder und Schweſter. Ein Stücklein Brod und die
klare Fluth des Bergquells erquickt die Hungrigen und Dürſten—
den. Dabei ſind ſie wohlgemuth und in ihrem Gott zufrieden.
Nicht alle Kinder würden es ſein, und doch mundet die einfachſte
Nahrung am meiſten, wenn man nach fleißigem Arbeiten ſo
recht hungert und dürſtet!
Der ſchlemmende Knabe.
Der würde ſich wohl bedanken für bloßes Brot und Waſ—
ſer, der da unten vor der vollen Schüſſel ſitzt und dem man es
an dem dicken, pausbackigen Geſicht und an den Händen anſieht,
daß er nichts Höheres kennt, als ſchmauſen. Er giebt von ſei—
ner Speiſenfülle nicht einmal dem armen Knaben Etwas ab, der
hinter ihm ſteht und die Hand zum Empfange einer Gabe öff—
net, im Gegentheil, er ſieht ihn mit böſem Geſicht halb an und
fragt: was willſt du? Störe mich nicht bei meinem Mahle!
Man kann nicht einmal ruhig eſſen vor dem Bettler-Volk!
Wartet's nur ab! Wenn dieſer Schlemmer erſt noch einige
Jahre verlebt hat, ſo wird er in Lumpen einhergehen und Gott
danken, ſo ihm Einer ein Stücklein Brot giebt!
Der gierige Hund.
Er gönnt dem Kätzchen den Biſſen nicht, den das arme
Thier eben aus der Schüſſel nimmt. Es hat die ganze Nacht
nach einem Mäuschen umhergeſpäht, aber keins gefangen. Nun
iſt es recht hungrig geworden, ſchleicht ſich zu dem Teller hin,
auf welchem auch für ſeinen Appetit etwas niedergelegt iſt. Da
ſchießt der neidiſche Hund aus ſeinem Hauſe heraus. Hu! wie
er bellt und ſo böſe ausſieht! Man könnte ſich vor ihm fürch—