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Mann, ſo trat es zierlich an ihn heran, leckte ihm die Hände und da er
es wieder ſtreichelte und es liebkoſ'te, folgte es ihm bis an ſeine Hütte
und ging fortan nimmer von ſeiner Seite. — Gleich an demſelben Abend
kamen auch noch andere Thiere ihm nachgezogen: Eichkätzchen, Tauben und
Singvöglein und bauten ihre Neſter in der Nähe der Klauſe. Gewann
der Greis nun auch alle die Thiere von Herzen lieb, ſo that er es doch
ganz beſonders mit dem ſchönen Reh. Das hegte und pflegte er wie ein
Kind. Er machte ihm neben ſeinem eigenen Lager eine weiche Streu von
Binſen und Moos, fütterte es aus der Hand mit feinen und gewürzigen
Kräutern und konnte oft Stundenlang mit ihm ſprechen. Dabei war es
ihm immer, als verſtände ihn das Thier und nähme an allen ſeinen
Schickſalen Theil.
Mit dem Reh hatte es aber auch ſonſt noch ſeine eigene Bewandniß.
Wo es ſich nur zeigen mochte, da ward es von den andern Thieren
mit großer Freude und Ehrfurcht begrüßt und alle ſuchten ihm zu dienen.
Kam es durch den Wald geſchritten, ſo zogen buntſcheckige Schmetterlinge
vor und neben ihm her, wie Läufer und Kammerhuſaren neben der Kutſche
eines großen Herrn. Stolze Hirſche wichen ehrerbietig vor ihm zurück
und bogen mit ihren Geweihen die Büſche und Aeſte fort, die den Weg
verſperrten. Aber die Vögel pflückten die bunteſten Blumenblättchen und
ſtreuten ſie von Aeſten und Zweigen und aus der Luft vor dem Reh auf
den Weg hin; auch ſangen ſie alle zuſammen in ſo lieblichem Einklang,
daß es wie ein Concert durch den ſtillen Wald ertönte. Wollte ſich aber
irgendwo ein vorlauter Froſch wichtig machen und fing an zu quaken,
ſo ging der Storch als Polizei in den Sumpf, nahm mit dem langen
rothen Schnabel den Schreihals beim Kragen und ſperrte ihn in ſeinen
Magen ein, wo ihm das Schreien verging.
Auch der Einſiedler hatte das wohl bemerkt und er hatte oft große
Luſt daran, wenn er die Zärtlichkeit der Thiere gegen ſein liebes Reh