147
So ging er eine Weile fort und gelangte endlich in einen ſchönen,
großen Garten, der gehörte dem Könige, und mitten darin erhob ſich ein
herrliches Schloß, in welchem der König mit der Königin und ſeinen Kindern
wohnte. Auch hier hatte der Maler wieder vielerlei zu ſehen, denn da
ſtanden hohe, ſeltene Bäume und Sträucher mit bunten Blüthen und
Früchten, darauf ſaßen Pfauen und andere fremde Vögel; auch breiteten
ſich helle Teiche dazwiſchen aus, auf denen ſtolze Schwäne umherſchwammen
und an den Ufern ringsumher lagen Gondeln, die waren reich vergoldet
und glänzten weithin in der Abendſonne.
Als er das Alles angeſchaut und endlich wieder aus tiefſter Bruſt
gerufen hatte: „Ich find's nicht, ich find's nicht!“ hörte er plötzlich hinter
einer Hecke Jemanden laut auflachen. „Wer lacht denn da?“ rief der
Maler und ſprang hinter die Hecke, da ſah er einen ſeltſamen Mann im
Graſe ſitzen, ſo närriſch in Kleidern und Geberden, wie er noch nie einen
geſehen; das war der Hofnarr des Königs. Der Mann lud ihn ein, ſich
zu ihm zu ſetzen, was denn unſer Maler auch that, und nun wollen auch
wir uns den närriſchen Mann näher betrachten.
In alten Zeiten pflegten nämlich die Könige zu ihrem Nutzen und
Vergnügen Leute zu halten, die ihnen auf die luſtigſte Weiſe einen guten
Rath geben ſollten, ſie auch ſonſt, wenn ſie verdrießlich waren, mit allerlei
Scherzen und Einfällen aufheitern mußten. Dieſe Leute nannte man daher,
obgleich ſie oft ſehr klug waren, Hofnarren oder luſtige Räthe.
Ein ſolcher war es, der dort im Graſe ſaß. Schon ſeine Kleidung
war höchſt poſſierlich. Die Beinkleider beſtanden aus bunten Streifen, roth,
blau und gelb, einer an den andern genäht; von ſeinem hellblauen Rocke
hingen ſpitze Lappen herunter, an deren Enden klingende Glöckchen und
Schellen befeſtigt waren; auf dem Kopfe hatte er eine Kappe, die an ihrer
Spitze ebenfalls mit einer Glocke verſehen war, ſo daß bei jeder Bewegung,
die der Mann machte, alle die Glöckchen und Schellen klingelten, als wenn
19