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früh, noch vor Aufgang der Sonne, ſtanden ſie daher auf, luden die Vogel—
bauer mit den Vögeln auf die Schubkarre, Grete ſpannte ſich vor, Hans
ſchob die Karre vor ſich her und fort ging's durch den Wald nach der Stadt.
Kaum waren ſie in den Wald eingetreten, als plötzlich alle Vögelchen
ihre Sprache wieder bekamen und in lautes Klagen und Jammern aus
brachen. Erſt wußten die Kinder vor Schreck nicht, was ihnen geſchah;
ſie ließen die Karre ſtehen und wollten fortlaufen, da aber die Vögel mit
ſo hübſchen feinen Stimmchen ſie baten, dazubleiben, ſo faßten ſie wieder
Muth und ſetzten ſich auf einen Stein neben der Karre hin, um anzuhören
was die Thiere ſprachen. Dieſe ſchrieen und weinten nun gar jämmerlich
durcheinander, auch kamen dazu noch alle die alten Vögel ringsumher
herbeigeflogen, ſetzten ſich auf Bäume, Büſche und Blumen und jammerten
ſo kläglich um ihre gefangenen Kinder, daß es der kleinen Grete recht zu
Herzen ging und auch ſie zu weinen anfing. Da rief Hans: „Grete, wenn
du auch noch lamentirſt, da werd' ich ja vor lauter Spectakel taub! Ihr
kleinen dummen Dinger aber ſchweigt endlich einmal ſtill und laßt hübſch
Einen unter euch ſprechen, damit man weiß, was ihr wünſcht. Wer von
euch will ſprechen?“
Ein kleiner eitler Stieglitz drängte ſich zuerſt hervor, der rief: „Ich
will's, ich will's.“ — Aber der Kibitz ſchob ihn fort und ſagte: „IJ bitt's,
i bitt's“ (denn der ſprach ſo etwas ſchwäbiſch). Darüber ward der Kuckuk
ärgerlich, er ſah ihn über die Achſel an und ſchrie: „Kuck, kuck, was der
will! Kuck, kuck, was der will!“ Der Zeiſig meinte: „J di wiſſen nicht,
wie's iſt, i di wiſſen nicht, wie's iſt!“ Aber die Lachtaube lachte ſie alle
aus und die Nachtigall weinte und klagte immerfort recht erbärmlich
dazwiſchen.
„Dummes Geſchrei!“ rief Hans, indem er die Karre wieder in die
Höhe nahm. „Grete, komm, laß uns weiter gehn!“ Da riefen alle Vögel
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noch einmal: „Bitt', Bitt', Bitt', bleib hier! Bitt', Bitt', Bitt', bleib hier!