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die Gräfin mit ihrer Geſellſchaft in der großen Laube
Kaffee trank.
Karoline trat in die Laube. Die beiden Fräulein be⸗
trachteten und bewunderten noch immer den Hut. Ihre
Mutter, die Schweſter der Gräfin, beſtellte für ſich und ihre
Töchter drei ſolcher Hüte, und erteilte Karoli line, beſonders
wegen der ſchönen Kornblumen, die ganz allein von Karo⸗
Hand verfertigt waren, große Lobſprüche.
Die Gräfin ſagte: Der Hut und die Blumen ſind
allerdings ſehr ſchön. Karoline arbeitet vortrefflich. Allein
das tugendhafte Betragen meiner freundlichen Karoline,
wie ich ſie immer nenne, verdient noch größeres Lob als
ihre ſchönen Arbeiten. Die Gräfin erzählte von dem harten
Schickſale, das Karoline betroffen, und wie ſie nun mit
unermüdetem Fleiße ihre Eltern ernähren helfe.
Der Graf ſtand mit ſeinem Schwager, dem Oberſten
linen
von Holm, einige Schritte vom Ein igange der Laube. Der
Oberſt, ein anſehnlicher Mann in prächtiger Uniform und
mit einem Orden geziert, ward auf das Geſpräch aufmerk-—
ſam, nahm ſeine Tabakspfeife aus dem Munde, trat näher,
betrachtete Karoline und rief: Hur des Himmels willen!
Was, Sie, Sie ſind die Amtmanns! ochter von Rebenheim?
Nun, Sie ſind ſchön herangewachſen; ich hätte Sie nicht
mehr gekannt und doch ſind wir alte Bekannte.
Karoline ſtand betroffen da, ſah den ihr unbekannten
Herrn mit großen Augen an, und ihre Wangen glühten.
Er aber nahm ſie freundl ich bei der Hand, führte ſie
zu ſeiner Gemahlin, die neben der Gräfin ſaß, und ſagte
zu ihr: Sieh, Amalie, dieſe Jungfrau iſt's, die mir vor
zehn Jahren, als ſie noch ein Kind war, das Leben rettete.
Wie wäre das möglich? ſagte Karoline erſtaunt. Das
muß Ihnen allerdings unbegreiflich vorkommen, ſagte der
Oberſt. Allein Sie erinnern ſich doch vielleicht noch des