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ſie mir alles kochen, ſieden und braten wolle, und ſprach
davon ſo angelegentlich und ausführlich, als wenn es 5
uns Menſchen keine größere Freude gäbe, und als wenn
wir nur auf der Welt wären, um zu eſſen und zu tanten
Sie kleidete mich wie ein Landmädchen, und ſprach dann:
So, nun gehörſt du ganz uns an. Der Wirt iſt nunmehr
dein Vater und ich bin deine liebe Großmutter.
Beide boten alles auf, mich zu erheitern. Allein ich
konnte mich nicht an dieſe Menſchen gewöhnen; mein Herz
ſehnte ſich nur Wumed zurück, liebſte Mutter, zu dir. Denn
wie ſo ganz anders, als bei dieſen Leuten, war es bei dir!
Aus ihrem Munde hörte ich nie ein frommes Wort. Sie
beteten nie, weder morgens noch abends, weder vor noch
138. Tiſche. In dem ganzen Hauſe war kein Buch. Sie
deten von nichts, als von Geld und Gut, lobten ſich be
ſtändig, und ſchimpften über die ganze Welt. Ich mocht
gar nicht mit ihnen reden; ich ſcheute und fürchtete mich vor
ihnen. Ich war nirgends lieber als auf meinem kleinen
Zimmer, das die Ausſicht in den Garten hatte. Ich dachte
da an all das Gute, das du, liebſte Mutter, mich gelehrt
und mir erzählt haſt. O wie manche Stunde der Nacht,
wenn der Mond zu mir herein ſchien, weinte und betete
ich da! Ja, ich redete, auch wenn ich wider Willen in
der Geſellſchaft dieſer böſen Menſchen ſein mußte, in mei
nem Herzen beſtändig mit Gott. O, wie gut iſt es doch,
daß man immer, bei Tag und bei Nacht, mit Gott reden
kann, und daß er uns freudig 99.
Jene zwei Männer, die mich geraubt ten, kehrten
ſehr oft in dieſem Wirts Hawſe ein, und brachten 10 auder
ihresgleichen mit. Dieſe Gäſte, die da wie zu Hauſe ge—
weſen, waren noch ſchlimmer als der Wirt und die Wirtin.
Sie berauſchten ſich, ſpielten unter ſchrecklichen Flüchen
Karten, ſangen allerlei Lieder und führten allerlei Reden,