Full text: Die Wasserflut am Rheine. Das stumme Kind. Die Kirschen. Die Margaretenblümchen. Der Kuchen

Hauſe einen Ausweg gefunden haben mußte, auf dem 
Rheine weit hinab geſchwommen, wie der Hund der Wiege 
nachgeſchwommen, und das Kind, wiewohl vergebens, zu 
retten ſuchte; wie aber die Treue des Hundes die Leute 
am Ufer auf das Kind in der Wiege aufmerkſam machte, 
und die Urſache war, daß es gerettet wurde. 
Doch, ſprach Martin, was rede ich von dem Hunde, 
ſo ſehr ich auch ſeine Treue bewundern muß? Gott, ohne 
deſſen Wiſſen kein Sperling vom Dache fällt, hat das Kind 
gerettet! Gott hat ſich nach ſeiner unendlichen Weisheit, 
die ſich auf alles erſtreckt, bloß dieſes ſeines Geſchöpfes, 
dieſes treuen Tieres, zur Errettung unſeres Kindes be— 
dient. Ihn, den guten barmherzigen Vater der Menſchen, 
wollen wir anbeten; ihm wollen wir danken. — Vater, 
Mutter, Daniel, alle Kinder, auch der Poſtknecht, der noch 
auf ſein Trinkgeld wartete, wurden von andächtigen Ge 
fühlen ergriffen, und blickten mit Augen voll Thränen 
zum Himmel. 
Daniel konnte ſich aber nicht mehr halten. Er fiel 
ſeiner Mutter weinend um den Hals, und die Mutter 
ſchloß ihn in die Arme und drückte ihn unter den ſüßeſten 
Thränen, die ſie je geweint hatte, an ihr Herz. Er be⸗ 
grüßte hierauf alle ſeine Geſchwiſter. Die Seligkeit, die in 
dieſen himmliſchen Augenblicken Eltern und Kinder em⸗ 
pfanden, iſt unbeſchreiblich. 
Anfangs waren Daniels Brüder und Schweſtern etwas 
ſcheu gegen ihn; er ſchien ihnen zu vornehm, als daß 
ſie recht vertraut mit ihm hätten umgehen können. Sie 
konnten auch kaum glauben, daß er ihr Bruder ſei.. In 
der That war zwiſchen ihm und ſeinen Geſchwiſtern, wenn 
er ſo in ihrer Mitte ſtand, ein auffallender Unterſchied zu 
bemerken. Seine zierliche Kleidung nach der Art reicher 
Städter, ſein Angeſicht weiß und rot, wie Milch und Blut,
	        
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