Full text: Die Wasserflut am Rheine. Das stumme Kind. Die Kirschen. Die Margaretenblümchen. Der Kuchen

nächſt dem Brunnen angelegt hatte, eine etwas ärmlich, 
aber ſehr reinlich gekleidete Bürgersfrau, die hier aus⸗ 
ruhte und ſehr ermüdet ſchien. Ein geflochtener Deckelkorb 
ſtand neben il hi auf der Raſenbank und ein Stab lehnte 
dabei. Die Jägerin, der die ſanfte, aber wehmütige Miene 
der Frau zu Herzen ging, grüßte ſie freundlich, und bot ihr 
an, herein in die Stube zu kommen, wo ſie ihr 3 Er⸗ 
friſchungen vorſetzen wolle. Die Fremde nahm das freund— 
liche Anerbieten dankbar an und trat in die Stube Die 
Jägerin trug ihr ein Stück übrigen Hirſchbraten auf, und 
ſchenkte ihr ein Glas Bier ein. Beide wurden bald ver⸗ 
traut und die Fremde erzählte das Anliegen, das ſie auf 
dem Herzen hatte 
Ich bin, ſagte ſie, wohl zwölf Stunden von hier zu 
Hauſe. Mein Mann iſt ein ſehr guter Meiſter in Ver⸗ 
fertigung der Kugelbüchſen, Flinten und Piſtolen. Er 
arbeitete Tag und Nacht und verdiente ſo viel, daß wir 
nebſt den zwei Kindern, mit denen Gott unſere Ehe geſegnet 
hat, unſer hinreichendes Auskommen fanden und och wohl 
etwas zurücklegen konnten. Allein ſeit einiger Zeit hat 
der liebe Gott uns mit allerlei Unglücksfällen heimge— 
ſucht. Mein Mann hatte das Unglück, daß eine neue 
Flinte, die er probierte, zerſprang; ſeine Hand ward da— 
von ſo ſehr verletzt, daß er wohl ſchon ſeit einem Jahr 
nichts mehr verdienen konnte. Durch den Krieg, der auch 
in unſern Gegenden gewütet, hatten wir ſchon zuvor vieles 
verloren. Der Mangel an Verdienſt, nebſt den Heilungs-— 
koſten, hat uns noch weiter zurückgebracht. Endlich ſind wir 
durch die Viehſeuche um unſere Kühe gekommen. Da wir 
auf unſer Haus und unſere Wieſen bereits haben Schulden 
machen müſſen, ſo wollte uns niemand Geld vorſtrecken, 
um wenigſtens eine andere Kuh zu kaufen, die uns zu 
unſerem Lebensunterhalte unumgänglich nötig iſt. Ich
	        
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