Full text: Die Wasserflut am Rheine. Das stumme Kind. Die Kirschen. Die Margaretenblümchen. Der Kuchen

Eltern, die um ſeinetwillen keine geringe Angſt ausge— 
ſtanden hatten. Doch gab der Vater dem Knaben einen 
nachdrücklichen Verweis und manche gute Lehre. 
Fritz ward ein ſehr geſchickter Jäger, treu und uner⸗ 
müdet im Dienſte, freundlich und gefällig gegen jeder 
mann, und ſein ganzes Betragen war ohne Tadel. Be— 
ſonders aber war er gegen dürftige, ehrbare Reiſende ſehr 
mitleidig und wohlthätig. Er hatte der Wohlthat, die 
Roſalie ihm erwieſen hatte, nicht vergeſſen. Er ging auch 
deshalb einmal beſonders nach Rauhenſtein, um ihr zu 
erzählen, wie viel er ihr zu danken habe. Allein ſie hatte 
den Dienſt bereits verlaſſen, und niemand in dem 
Schloſſe konnte ihm Auskunft geben, wo ſie gegenwärtig 
ſich aufhalte. Er hörte nichts mehr von dieſer ſeiner 
Wohlthäterin. 
Fritz kam einige Jahre nachher wegen ſeiner ausge— 
zeichneten Geſchicklichkeit und Rechtſchaffenheit als Jäger 
burſche zu dem fürſtlichen Oberjäger, und erhielt in der 
Folge den einträglichen Jägerdienſt zu Tanneck. Er er⸗ 
zählte ſeiner Ehegattin, die eben ſo gut wie er geſinnt 
war, manches von den Tagen ſeiner Kindheit, beſonders 
aber von der freundlichen Roſalie, die durch ihre Wohl— 
thätigkeit ihm das Leben gerettet habe. Beide nahmen 
ſich vor, da ſie der guten Roſalie ihre Wohlthat nicht 
vergelten konnten, gegen alle Dürftige ſo wohlthätig zu 
ſein, als in ihren Kräften ſtand. Da das neue ſchöne 
Jägerhaus Tanneck nur einige Schritte von der Landſtraße, 
am Eingaͤnge des Waldes lag, ſo hatten ſie hiezu auch 
manche Gelegenheit. 
Einmal an einem ſchwülen Nachmittage holte die 
Jägerin an dem nahen Röhrbrunnen ein Glas Waſſer. 
Da erblickte ſie auf dem Raſenſitze, den ihr Mann zur 
Bequemlichkeit der Reiſenden unter zwei ſchattigen Tannen
	        
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