Martin und Ottilie lebten hier ſehr glücklich und
vergnügt, in Eintracht und Liebe. Ihre größte Freude
aber und ihr koſtbarſter Schatz auf Erden waren ihre
fünf Kinder, von denen das jüngſte noch in der Wiege
lag. Die guten Eltern begnügten ſich nicht damit, ihre
Kinder zu ernähren und gut zu kleiden; ihre größte Herzens—
angelegenheit war, ſie gut zu erziehen. Vater und Mutter
beeiferten ſich, ſie von der zarteſten Kindheit an zum
Beten und Arbeiten anzuhalten. Arbeiten und Beten,
ſagte Martin, macht uns tauglich für dieſe und jene Welt.
Die frommen und fleißigen Eltern bedurften auch keiner
beſonderen Erziehungskunſt, ihre Kinder zur Frömmig⸗-
keit und zur Arbeitſamkeit zu gewöhnen. Das Beiſpiel
der Eltern wirkte mehr, als — Worte; die Kinder wurden
ganz den Eltern ähnlich; ſie ſahen und wußten es nicht
anders. Am ganzen Whenef fand ſich vielleicht keine glück
lichere und zufriedenere Familie.
Allein dieſe gute und glückliche Familie wurde bald von
einem großen Leiden heimgeſucht. Es kam ein ſo ſtrenger,
harter Winter, daß man keinen ſeit Menſchengedenken ſo
wußte. Eine unermeßliche Menge Schnee bedeckte Berg
und Thal und die Kälte war furchtbar. Der Rheinſtrom
war wohl eine Elle tief zugefroren, und hart wie Marmor.
Man fürchtete ſehr, der Eisgang werde große Ueber
ſchwemmungen verurſachen und großes Unglück anrichten.
Endlich trat ſtarkes Tauwetter ein; doch ahnte man noch
keine neue Gefahr. Martin mit ſeiner kleinen Familie lag
im tiefen Schlafe. Da wurde er um Mitternacht plötz
lich von der Sturmglocke geweckt; es wurde mehrmal ge—
ſchoſſen; er vernahm ein mächtiges Rauſchen des Waſſers.
Er ſprang eilends aus dem Bette, warf ſich in ſeine
Kleider, und verließ die Kammer, um zu ſehen, wie es
ſtehe. Allein ſchon war in die Stube und den Hausgang