Full text: Der Sohn des Millionärs

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eine ganze Weile. Es ſprach ſich aber in dem Blick auch 
eine Frage aus, etwa ſo: „Ich möchte wohl wiſſen, was 
du in deinen Straßen und Mauern für einen armen 
Jungen Gutes haben wirſt. Wohl wandert ſich's zur 
Frühlingszeit ergötzlich durch das Land, und der liebe 
Gott, der die Vögel verſorgt und die Blumen kleidet, 
läßt einem allerwege das Nötige zufallen. Dennoch möcht' 
ich mich gern in deinen Mauern einfangen laſſen, wenn 
du mir ein Plätzchen gönnteſt, wo ich mich mit ehrlicher 
Arbeit fortbringen könnte.“ 
Ja, an manche Thüre hatte unſer kleiner Freund 
angeklopft mit der ſchüchternen Frage, ob die Leute wohl 
einen wie ihn brauchen könnten. Er war aber überall 
abgewieſen worden. Jedermann dachte: „Was vermag 
ſolch junger Fant zu leiſten?“ Indes waren doch alle 
freundlich mit ihm gefahren. Es gefiel ihnen wohl, daß 
er arbeiten wollte. Auch gewann er ſich alt und jung 
durch ſein beſcheidenes Weſen, das ihm gar gut ſtand. 
Meiſtenteils ward ihm ohne Bitte ein Platz am Mittags-— 
tiſch eingeräumt, oder ein Schüſſelchen hinausgebracht, oder 
etwas mitgegeben auf die Weiterreiſe, ſo daß er ſelten 
Mangel hatte. 
Er war freilich auch nicht der Plundermatz mehr, 
der er in den Londoner Straßen geweſen war. Seit er 
im Wirtshauſe „Zum fröhlichen Pächter“ den Zapfjungen 
gemacht hatte, ſteckte er in ordentlichen Kleidern. Das 
Einzige, was ihm fehlte bei ſeiner plötzlichen Flucht, war 
eine Mütze. Dafür aber hatte er einige Shillinge in 
der Taſche, die Erſparnis aus Trinkgeldern, die gelegent— 
lich für ihn abgefallen waren. So konnte er ſich denn 
eine Mütze beſchaffen, um nicht doch als Bruder Lieder⸗ 
lich durch das Land zu ziehen. 
J. Bonnet, Der Sohn des Millionärs. 6
	        
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