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die Schimmer der Erinnerung, die ſeine Seele geſtreift
hatten. Aber er war aufgeregter denn je bei ſolchem Ge⸗
ſchäft. Er dachte, ob er nicht fortlaufen oder Lärm
ſchlagen könnte. Es koſtete ihn Mühe, ruhig zu bleiben
und ſein Leben nicht aufs Spiel zu ſetzen. Seine Augen
ſtrengten ſich an, die Hüllen der Mitternacht und des
Schneetreibens zu durchbrechen, um noch einmal, nur
noch einmal das ſpitze, ſeltſam geformte Dach und die
Säulen⸗Vorhalle des Herrenhauſes zu ſehen.
Jetzt nahm er wahr, wie einer der Diebsgeſellen
durch ein Fenſter ſchlüpfte. Das finſtere Werk war alſo
wieder gelungen. Das Schloß und ſeine Schätze ſtanden
den Böſewichtern offen. Einer nach dem andern verſchwand
durch das Fenſter. Wie mitternächtliche Schatten er—
ſchienen ſie ihm.
„Gott!“ dachte er mit plötzlicher Herzensangſt, „wenn
die überraſchten Bewohner Widerſtand entgegenſetzten! Es
wäre entſetzlicher als alles, wenn ich bei einem Morde
mitgeholfen hätte. Denn wer ſich rührt, iſt ein Kind
des Todes. „Notwehr“ nennen es die Schufte. Sie
vollbringen alles, wozu die Gelegenheit reizt.“
Ihm ward ſo angſt, daß er um ein Haar aufge—
ſchrieen hätte. Krampfhaft preßte er die Lippen auf⸗
einander. Der Schrei, der die Schläfer wecken ſollte,
konnte ihr Unglück werden. Er biß die Zähne zuſammen,
um keinen Ton von ſich zu geben.
Aber nein! länger duldete es ihn nicht hier auf
dieſem Hofe. Er meinte, eine Stimme zu hören, die ihm
zurief: „Fort! Fort! Fort!“
Noch einmal lauſchte er umher, ob die Spitzbuben
etwa ſchon wieder draußen ſeien. Da nichts von ihnen
zu bemerken war, ſtürzte er der Mauer zu, um von
J. Bonnet, Der Sohn des Millionärs. 4