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dem heimatloſen Knaben zu gewähren, was er ſich wünſchte,
und wohl mehr als das. Ja, wenn ſeine Eltern ge⸗
ahnt hätten, daß es ihm ſo jämmerlich ging! Aber wer
wußte von dem armen Jungen, der nur einer von Tauſen⸗
den war? Solche Straßenaraber wollen eigens aufgeſucht
ſein, und dazu bedarf es einer Liebe, die ſich ſelbſt vergißt.
Lange Zeit forſchten Jakob und Anna vergeblich nach
einem Unterſchlupf. Aus dem Nebelgerieſel ward allmählich
ein Regen, der, mit Schnee vermiſcht, durch und durch
drang. Die Straßen ſtanden faſt ganz leer. Wer irgend ver⸗
mochte, der ſicherte ſich für ein paar Pence wenigſtens
ein Plätzchen in einem der Kaffeehäuſer oder in einer der
Schenken, die auch während der Nacht offen bleiben.
„Wenn du nicht ſo eigen wärſt,“ murrte Anna
wieder, „ſo hätten wir vielleicht auch ſo viel, daß wir
hier nicht umherzuirren brauchten.“
„Sagteſt du nicht, viele andere Kinder hätten auch
kein Nachtquartier?“ antwortete Jakob, und es war ihm
in dieſem Augenblick wirklich ein Troſt, dies zu denken.
Bevor ſie etwas erwiderte, ſahen ſie ſich angehalten.
Ein freundlicher Mann ſtand vor ihnen und reichte jedem
eine Karte mit ein paar erklärenden Worten.
„Dr. Barnardo ladet die jungen Freunde zum
morgenden Feſte ein,“ ſagte er— „Ihr werdet viele Eures⸗
gleichen verſammelt finden. Kommt ganz ohne Furcht.
Es iſt kein Poliziſt zugegen, auf mein Wort. Ihr werdet
auch Thee und was dazu bekommen. Folgt alſo ja der
Einladung. Hoffentlich werden wir bald bekannter und
vielleicht noch gute Freunde werden. Auf den Karten
findet ihr alles Weitere. Zeigt die Karten vor, wenn
ihr kommt, und ihr werdet Zutritt erhalten.“
Schon eilte er weiter mit freundlichem Gruße, und