Full text: Der Sohn des Millionärs

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Das Pflaſter iſt ſchon jetzt nicht mehr angenehm für 
bloße Füße. Aber,“ wandte er ſich an ſeine Gefährtin, 
„ſprachſt du nicht heute morgen von einem Plüätzchen 
irgendwo unter einer Brücke oder wo ſonſt? Laß uns 
eins ſuchen. Ich bin wirklich ſehr müde und ſchlafe ge— 
wiß gleich ein.“ 
Auf gut Glück trollten ſie weiter. Die Straßen 
wurden merklich leerer. Die, welche ſie den Tag über 
belebt hatten, ſaßen nun daheim und ruhten ſich aus, 
oder ſie ſuchten in einem Kaffee Zuflucht, oder ſonſt wo. 
Manche von ihnen waren vielleicht unzufrieden, daß ſie 
nicht ſchöner wohnten, nicht mehr beſaßen. Die Menſchen 
ſehen thörichterweiſe lieber über ſich als unter ſich. Wer 
unter ſich ſieht, wird dankbar, und wer dankbar 
iſt, der fühlt ſich glücklich. 
Dem Jakob freilich war es nicht zu verdenken, daß 
er ein klein wenig über ſich ſah, gern Schuhe und Strümpfe, 
ein warmes Röcklein nebſt Höslein ohne handgroße Löcher 
gehabt und ſich in einer Stubenecke erholt hätte. Viel⸗— 
leicht wäre ihm in dieſer Stunde ſein Los annehmlicher 
erſchienen, wenn er gewußt hätte, daß gar der Herr des 
Himmels, der auch für ihn ſeine Herrlichkeit darangab, 
von ſich ſprechen mußte: „Die Füchſe haben Gruben und 
die Vögel unter dem Himmel haben Neſter, aber des 
Menſchen Sohn hat nicht, da er ſein Haupt hinlegt.“ 
Solchen Troſt hatte er nicht vor Augen und im Herzen. 
Davon war ihm nichts kund geworden in ſeinem elenden 
Leben unter Verbrechern. Und ſo fühlte er denn mit Recht 
ein Verlangen, es doch auch ſo haben zu können, wie die, 
die ihre Blöße bedecken und eine warme Streu zum Nacht⸗ 
lager haben. Vielleicht wäre der eine oder der andere, der 
ein ſtattliches Haus bewohnte, mitleidig genug geweſen,
	        
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