Full text: Der Sohn des Millionärs

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kommt, und er iſt noch nicht da, der ſchlägt ihm die 
Knochen halb entzwei.“ 
Doch ſchon ließen ſich gedämpfte Kinderſtimmen im 
Hausgang hören. Gleich darauf erſchien, mehr geſchoben, 
als freiwillig, ein zerlumpter Knabe von etwa elf Jahren 
in der Thür, dem das Elend ergreifend in das ſchmale 
Geſicht gezeichnet war. Es war James, oder wie wir 
ihn einfach deutſch nennen wollen, Jakob. Hinter ihm 
drein kam ein Mädchen von gleichem Alter, dem das 
Kleid in Fetzen vom Leibe hing. Aber ſein Ausſehen 
war friſcher, und ſeine Augen blitzten lebhaft. 
„Großmutter,“ nahm Anna ſogleich das Wort, 
„Du glaubſt nicht, wie fleißig er geweſen iſt.“ 
„Her mit dem Gelde!“ befahl die Alte, ohne darauf 
zu hören. 
Während er die feine, faſt durchſichtige Hand öffnete, 
rief das Mädchen: „Ach, ſind die Leute ſchlecht! Den 
ganzen Tag hungern, frieren und betteln, und ſelten er⸗ 
barmt ſich einer!“ 
„Faullenzer, du!“ ſchalt die Alte. „Du haſt 
wieder den Mund nicht aufgethan, das iſt's. Wenn der 
lange Heinrich kommt, dann weißt du, was es geben 
wird. Er kennt ſich ſelbſt nicht, wenn er es mit dir hat. 
Die paar Lumpenpfennige, die! Wärſt du nicht ſolch 
trotziger Wicht, der nicht betteln mag, er verführe wohl 
ein wenig ſanfter mit dir.“ 
„Nein, Großmutter,“ rief Anna wieder, „die Leute 
haben ſchuld, die ſind hartherzig und kümmern ſich nicht 
um ihn, obwohl er wie lauter Haut und Knochen ausſieht.“ 
„Komm' nur dem langen Heinrich mit ſolcher Aus⸗ 
rede,“ murrte die Alte, „es wird nicht fehlen, er haut 
dich auch, daß du blau und braun wirſt, und ich be⸗
	        
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