Full text: Der Hexenmüller in der Wisper

Lebensende geängſtigt hat. Die Hoffrau war nicht ſo 
ängſtlich, aber ſie wußte in kluger Weiſe die törichte Angſt 
ihres wunderlichen Mannes zu benutzen, um denſelben ein 
wenig beſſer im Zaume zu halten. Sie brauchte nur zu 
ſagen: „Wenn ich ſprechen will, dann iſt der Hof nicht 
mehr dein,“ dann muckſte er nicht mehr. Siehe, Lenz, 
ein ſchlechter Streich deines Alten, weiter nichts iſt das 
vielbeſprochene Lenziſche Recht“ auf den Kloſterhof, und 
weiter nichts iſt das große Geheimnis, das der alte 
Kloſterbauer mit in das Grab genommen haben ſoll, und 
das noch heute die Kloſterbas ängſtigt.“ 
In des Horchers Geſicht aber in der Oberſtube leuchtete 
es bei dieſen Enthüllungen, die ihm ungeſucht entgegen— 
gebracht wurden, hell auf. Da waren ja alle Rätſel 
gelöſt, die ſo ſchwer auf ſeiner Großtante Seele lagen, 
und die ſelbſt ſeine jugendliche Seele in Banden zu ſchlagen 
anfingen. 
„Es iſt doch gut, daß ich zum Hexenmüller gegangen 
bin,“ flüſterte er. 
Drunten aber fuhr der Hexenmüller fort: „Daß die 
Geſchichte wahr iſt, kann dir der Alte im „Ranzeler Wirts 
haus“ erzählen. Denn er hat ſie miterlebt. Dort iſt 
auch das alte Geſangbuch. Das ausgeriſſene Blatt paßt 
auf ein Haar. Ich habe es ſelbſt probiert. Nun, willſt 
du noch auf dein Recht pochen, Lenz, he?“ höhnte der 
Hexenmüller. 
„Nun, ſo fahre ſelber zur Hölle!“ ſchrie der „lange 
Lenz', dem jetzt erſt ein Licht aufging, wie ſehr er be— 
trogen war. „Dann biſt du ſchuld daran, daß ich un⸗ 
ſchuldig Blut vergoſſen habe.“ 
Der junge Seebold hörte einen ſchweren Gegenſtand 
wider die Wand ſauſen.
	        
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