Full text: Der Hexenmüller in der Wisper

doch wieder ein gutmütiger, wenn man nicht beſſer ſagt 
ſchlaffer, Zug in dem Geſicht geltend. 
Es war ein Geſicht, das treulich ein zerrüttetes, ver— 
lornes Menſchenleben abſpiegelte, ſogar der Stempel des 
Verbrechers lag darauf, und doch mußte man ſich ſagen: 
Es iſt wahrſcheinlich hier ein gut geartetes Menſchenkind 
zu Grunde gegangen, weil ihm die Zucht gefehlt hat und 
ein böſer Engel als Verführer eingriff. 
Und ſo war es in der Tat. Das Volk nannte aber 
als Verführer den Mann, der dort in dem Zimmer im 
greiſen Barte ſo würdig und ehrbar daſaß und den Ein 
tretenden faſt als einen Untergebenen empfing, oder wenig 
ſtens als einen, über den er ſich unumſchränkter Gewalt 
bewußt war. 
Der ertrunkene Bruder der Kloſterbas, der lange Lenz 
und der Hexenmüller bildeten vor Zeiten ein viel ver— 
rufenes Kleeblatt. Der Hexenmüller war der Anſtifter 
von allen böſen Streichen, wußte aber durch ſeine Klug 
heit den Vorteil davon zu ziehen und überließ den beiden 
anderen die Schmach und den Schaden. 
„Der Teufel mag das Wetter holen, ſagte der lange 
Lenz, indem er ſich auf einen Stuhl niederließ, der unter 
dem ungeheuren Gewicht in allen Fugen krachte. Ich 
bin naß bis auf die Knochen.“ 
Wirklich floß das Waſſer an ihm herunter und machte 
die halbe Stube feucht. „Das paßt nicht mehr für mein 
Alter,“ fuhr er zu reden fort. „Ich wäre beſſer im Ran 
zeler Wirtshaus ſitzen geblieben. Dort ſaß ich trocken und 
in der beſten Geſellſchaft. Aber es trieb mich ordentlich 
hierher wie eine fremde Gewalt Ich habe überhaupt 
ſchon die letzten Tage einmal dich aufſuchen wollen, Hexen⸗ 
müller. Hier habe ich ein altes Stück Papier, aus dem
	        
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