Full text: Der Hexenmüller in der Wisper

kaum noch betrauern konnte, als er in einer Nacht durch 
Umſchlagen des Kahns mit mehreren trunkenen Kameraden 
im Rheine ertrank. Der Hexenmüller hatte damals bei 
ſeinem Beſuche bei mir die Abſicht, einmal einen Fühler 
auszuſtrecken, ob ich geſonnen wäre, ſpäter den Hof an die 
Verwandten von meiner Seite her, alſo an ihn und ſeine 
Sippſchaft, zu vererben. Er ließ dabei in ſeiner Art durch 
blicken, daß er von den Anſprüchen der ‚Lenze“ mehr wiſſe, 
als mir lieb ſein könne, doch hätte er die Mittel, dieſelben 
für immer zum Schweigen zu bringen, wenn ich mich dazu 
verſtünde, den Hof nach meinem Tode ihm oder ſeinen Kindern 
zu vermachen. Ich ſagte ihm rund heraus, daß weder er 
noch ſeine Kinder jemals Hoffnung auf den Hof hätten, denn 
derſelbe käme von meinem Manne her, und ich hätte kein 
Recht, ihn deſſen Verwandten wegzunehmen. Wenn übrigens 
der „lange Lenz“ rechtliche Anſprüche hätte, ſo ſolle er nur 
zur Zeit kommen. Ich würde gern dem beſſeren Rechte 
weichen. Der Hexenmüller fuhr mit langer Naſe, aber 
bitterböſem Geſichte ab. Ich habe ihn ſeitdem nicht wieder 
geſehen. Doch jetzt in meinem Elende iſt mir oft, als müſſe 
ich ihn einmal aufſuchen, um Klarheit zu bekommen.“ 
Otto Seebold hatte mit liebevoll beſorgtem Blicke 
ſeiner alten Großtante zugehört. Er meinte, ſie in ihrer 
Schwäche noch mehr zu lieben, als da ſie ſich nur als die 
energiſche, gebietende Hoffrau zeigte. 
Er ſchlang zutraulich den Arm um ihre Schulter und 
ſagte lächelnd: „Tante, du haſt mich nur davon über 
zeugt, daß du recht abergläubiſch biſt. Wir dürfen wahr 
haftig von der ganzen Geſchichte nichts verlauten laſſen, 
ſonſt machen wir uns lächerlich vor aller Welt. Es iſt 
ſogar möglich, daß nicht einmal ein Betrug vorliegt, wie 
ich vorhin meinte, ſondern daß du dich ſelbſt betrügſt.
	        
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