Full text: Der Hexenmüller in der Wisper

Allein dieſer war wie der Wind von ſeinem Pferde her— 
unter und pflanzte ſich mit ſeiner großen, breiten Geſtalt 
vor das Geſpann des Bäuerleins und rief mit ſeiner 
Donnerſtimme „Halt!“ daß Roß und Fuhrmann zurückbebten. 
„Weg da, alter Gauner!“ ſagte er, den Schuſter 
willem beiſeite ſchiebend. „Ich muß einmal ſehen, was 
das für ein Kindergewimmer auf deinem Karren iſt“ 
Er riß der Frau, die auf dem Wagen ſaß, die Um⸗ 
hüllung hinweg, und es zeigte ſich ein noch ſehr junges 
Weibchen, die ein Kind auf dem Schoße hielt, das einen 
ſtarken Ausſchlag im Geſicht hatte. 
„Ha, ha!“ rief der Doktor. „Da haben wir ja die 
Beſcherung. Ich habe mir doch ſchon etwas Ähnliches ge— 
dacht. Da iſt die Frau Förſterin, die in Abweſenheit 
ihres Mannes und ohne deſſen Wiſſen und Willen mit 
dem Eſel von Schuſterwillem zum Hexenmüller in die 
Wiſper fahren will, daß ihr derſelbe den Nachtbrand 
ihres Kindes beſprechen ſoll.“ 
Die junge Frau wußte ſich vor Scham und Verlegen— 
heit nicht mehr zu helfen und brach in Tränen aus. 
Allein der Doktor fuhr unbarmherzig fort: 
„Nettchen,“ nannte er ſie bei ihrem Vornamen (es 
war das eine Eigentümlichkeit des Doktors, wenn er recht 
grob wurde, die Leute zu duzen und mit dem Vornamen 
anzureden), „du biſt doch als Frau noch dieſelbe Gans, die 
du als Mädchen geweſen biſt. Ich habe dir geſagt, daß 
es mit dem Ausſchlag gar nichts zu bedeuten hat. Du 
ſollſt nur dein Kind diät halten. Warum willſt du nun 
das arme Würmlein dieſem erbärmlichen Quackſalber und 
Giftmiſcher opfern. Hat dir Gott deshalb dies ſchöne, 
liebe Kind gegeben? Jetzt decke das Kind wieder zu, daß 
es ſich nicht erkältet, und vorwärts heim!“
	        
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