Full text: Der Hexenmüller in der Wisper

Sie waren vielleicht einige hundert Schritt in dieſer 
Weiſe vorwärtsgekommen, als ihnen in einem Hohlweg 
ein Bauernkarren begegnete, auf dem ein wohl in Tücher 
gehülltes Weiblein kauerte. 
Der Bauer, der das Fuhrwerk führte, mußte kein gutes 
Gewiſſen haben. Er erſchrak heftig, als er den Doktor 
ſah, und ſuchte ängſtlich nach einem Ausweg, um dieſer 
unwillkommenen Begegnung auszuweichen. Aber der enge 
Weg ließ keine Wendung des Wagens zu, und die hohen 
Seitenwände verhinderten es, querfeldein zu fahren. 
So ergab ſich das Bäuerlein in ſein Schickſal, zumal 
des Doktors ſcharfes Auge ihn bereits erkannt hatte und 
derſelbe ihm ſchon zurief. 
Merkwürdig jedoch war die Veränderung der Geſichts 
züge, die ſich plötzlich bei ihm vollzog. Sein faſt liſtig 
zu nennender Geſichtsausdruck verſchwand, und ſeine Mienen 
zeigten eine unbeſchreibliche Dummheit, die man nahezu 
Blödſinn nennen konnte. 
„Wohin, Schuſterwillem, wohin bei dieſem greulichen 
Wetter?“ rief der Doktor. „Und wen fährſt du auf deiner 
trefflichen Dungequipage?“ 
Der „Schuſterwillem“ hielt die hohle Hand an das Ohr, 
als wenn er nicht gut hörte, und ſagte: „Ja, Sie haben 
recht, Herr Doktor; ſchlechtes Wetter! kalter Wind!“ 
„Aha, Alter! Du haſt wieder deine taube Periode,“ 
erwiderte der Doktor, „da iſt etwas nicht in Richtigkeit. 
Halte einmal ſtill mit deinem Karren.“ 
Der „Schuſterwillem“ tat, als wenn er das Gegenteil 
verſtanden hätte. 
„Ja, ich muß zufahren, ſonſt wird mir es ſpät,“ ſagte 
er, und griff ſeinem alten, ſteifen Schimmel in die Zügel, 
um ihn raſch an dem Pferde des Doktors vorüberzuführen.
	        
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