59
und doch war ſie ſo ſüß wie Zucker. Da iſt das Kind
geſtorben und begraben, und vielleicht lebte es jetzt noch,
wenn es nicht ſo eigenſinnig geweſen wäre.
78. Quäle die Thiere nicht!
Malchen kam zur Mutter gelaufen und rief: „Mut⸗
ter, ſei ſo gut und gib mir eine große Stecknadel und
ein Stöckchen.“ — „Was willſt du damit machen?“ fragte
die Mutter. „Nachbars Anton hat Maikäfer,“ ſagte
Malchen; „davon will er mir einen geben und ihn mir
an das Stöckchen mit der Nadel feſtmachen. Dann ſchnurrt
er ſo ſchön herum, und das ſieht hübſch aus.“
„Was meinſt du, Malchen,“ ſagte die Mutter, „wenn
ich eine große Nadel nähme, ſie dir durch den Leib ſtäche
und an ein Holz feſtmachte; würdeſt du da ſtille ſtehen
können?“ — Malchen ſagte ängſtlich: „Ach, Mutter,
das müßte ſehr wehe thun, das könnte ich nicht aus—
halten!“
„Siehſt du,“ ſagte die Mutter, „der Maikäfer kann
das auch nicht aushalten; er dreht ſich immer um die
Nadel und will ſich davon losmachen, weil es ihm auch
ſehr wehe thut. Da er aber nicht loskommen kann, ſo
muß er endlich, nachdem er lange gezappelt hat, elendig⸗
lich ſterben. Könnte er ſprechen, ſo würde er ſagen:
„Ach, böſe Kinder, laßt mich los! Es thut mir ſo wehe,
und ich habe euch doch nichts zu Leide gethan.“
„Doch, du wollteſt gern eine Nadel und ein Hölz⸗
chen haben, da haſt du beides, nun gehe hin und quäle⸗
die armen Thiere!“ Da weinte Malchen und ſagte:
„Nein, Mutter, ich mag die Nadel und das Hölzchen
nicht mehr; ich will mir den Maikäfer von Anton holen
und ihn fliegen laſſen.“ — „Recht ſo,“ ſagte die Mutter,
„thue das!“ — Malchen lief hin, holte den Käfer, ließ
ihn fliegen und freute ſich, als er fort war. „Nicht wahr,
Mutter,“ ſagte ſie nachher, „ich wäre recht böſe geweſen,
wenn ich dem Thiere ſo weh gethan hätte?“