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und nun kam die Reihe an die Aepfel, die zuletzt reif
werden. Unter den Apfelbäumen ſtand auch ein Bäum-⸗
chen, welches zum erſten Male Aepfel trug, denn es war
noch klein, und es waren auch nur ein paar Aepfel da—
rauf. Der Vater wußte noch nicht, ob es eine gute Sorte
war und wollte darum die Aepfel erſt recht reif werden
laſſen, ehe er ſie probirte. Aber der kleine Heinrich war
ein Naſchmaul, der die Aepfel auch unreif mochte, und
das kleine Bäumchen gefiel ihm beſonders, weil es noch
ſo dünn war, daß er es ſchütteln konnte. Darum ſagte
der Vater zu Heinrich: „Du mußt die Aepfel an dieſem
Bäumchen laſſen, bis ſie reif ſind, dann bekommſt du da⸗
von.“ Der Vater ging weiter und Heinrich blieb bei
dem Bäumchen ſtehen. „Ha,“ ſagte er, „es ſind doch
ſchöne Aepfel, ſo roth und ſo dick; ſie ſind gewiß ſchon
reif.“ — Der Vater ſieht es ja nicht, dachte er, und
ſchnell faßte er das Bäumchen an und ſchüttelte es. Da
fiel ihm ein Apfel gerade auf die Naſe, und ſo ſtark,
daß ſie blutete. Heinrich fing laut zu ſchreien an. Der
Vater kam ſchnell herbei, und als er ſah, was geſchehen
war, ſagte er: „Du ungehorſames Kind, es iſt dir Recht
geſchehen! Nun wirſt du keinen Apfel mehr davon be—
kommen, und ich nehme dich ſo bald nicht wieder mit in.
den Garten.“ Was hätte dein Vater wohl gethan? —
77. Der Trotzkopf.
Es war einmal ein kleiner Knabe, der wurde einſt
ſehr krank. Alles that ihm weh, und er hatte an nichts
mehr Freude und mochte nicht mehr eſſen und trinken.
Die Mutter hatte ihm das Bettchen ſo weich gemacht,
als ſie nur konnte; ſie gab ihm Fliederthee und Kamillen⸗
thee, aber Alles wollte nicht mehr helfen. Da holte die
Mutter den Doktor herbei, und der ſchrieb auf, was das⸗
Kind aus der Apotheke haben müſſe, um wieder geſund
zu werden. Als aber die Medizin fertig war, wollte das
Kind ſie nicht nehmen, nicht einmal ein Tröpfchen wollte
es prüfen, weil es glaubte, die Medizin ſchmecke bitter,