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536. Die Grasvrinzeſſin.
Auf der Wieſe, wo das grüne Gras ſteht und die
bunten Blumen wachſen, lebt eine kleine Prinzeſſin in
einem ſchönen Schlößchen, welches aber ſo klein iſt, daß
ſelbſt das Gras darüber herreicht. Wenn es Morgen
wird und die Sonne aufgeht und die Vögelchen aufwachen,
dann wacht auch die Prinzeſſin auf und ſpringt munter
aus ihrem kleinen Bettchen.
Darauf geht ſie zum Thautröpfchen und ſagt: „Ich
will mich waſchen!“ und ſogleich ſagt die Blume: „Ich
will dein Waſchnäpfchen ſein.“ Und wenn ſie ſich ge—
ö waſchen hat, geht ſie zum Bächlein, das ſagt: „Ich will
ö dein Spiegelchen ſein.“ Und wenn ſie ſich gekämmt und
geputzt hat, und wenn ſie ganz rein und ſchön iſt, dann
ſagt das Blättchen: „Ich will dein Sonnenſchirm ſein.“
Die Prinzeſſin iſt es zufrieden und geht auf der Wieſe
ſpazieren; da kommt der Schmetterling und ſagt: „Du
ſollſt nicht gehen, ich will dein Pferdchen ſein.“ Und der
Schmetterling nimmt ſie auf ſeinen Rücken und fliegt auf
die Blumen und auf die Halme und auf die Blätter und
ſchaukelt ſie ſo lange hin und her, bis ſie müde und
hungrig iſt. Dann trägt er ſie nach Hauſe. Nun bringt
das Bienchen Honig auf ihren Tiſch, und der Goldkäfer
trägt ein goldenes Löffelchen herbei, womit ſie ißt. Dann
macht ihr das Gras Schatten, und die Vöglein ſingen,
und die Prinzeſſin ſchläft, bis die Hitze vorüber iſt. So
geht es des Vormittags in dem Schlößchen der Gras-—
prinzeſſin, und des Nachmittags und des Abends geht es
faſt noch ſchöner zu.
Das Alles können aber nur die ganz braven Kinder
ſehen, die unartigen ſehen nichts davon.
57. Strohhalm, Kohle und Bohne.
In einem Dorfe wohnte eine arme, alte Frau, die
hatte eine Hand voll Bohnen geſchenkt bekommen und
wollte ſie kochen. Sie machte auf dem Heerde ein Feuer