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und die Schränke und Alles, was der Vater und die
Mutter hatten, das wurde vom Feuer gefaßt, und die
Flamme wurde ſo hoch wie der Kirchthurm. Da ſchrieen
alle Leute vor Schrecken, die Soldaten trommelten, die
Glocken läuteten; es war fürchterlich zu hören, und die
Flamme war ſchrecklich zu ſehen. Nun fing man an zu
löſchen mit Waſſer, das man in das Feuer ſchüttete und
ſpritzte; aber es half nicht eher, als bis das Haus zu⸗
ſammen gebrannt war. Da hatten nun die Eltern des
Kindes kein Haus mehr und kein Plätzchen, wo ſie woh⸗
ien und wo ſie ſchlafen konnten und auch kein Geld,
um ſich ein neues Haus und neue Betten und Tiſche
und Stühle zu kaufen. Ach, wie weinten da die armen
Eltern. Und das Kind, das mit dem Fünkchen geſpielt
hatte, war Schuld daran.
61. Der Streit der Finger.
Eines Nachts, als ich im Bette lag und ſchlief und
träumte, hörte ich ein leiſes Sprechen, welches immer
lauter wurde. Was mag das ſein? dachte ich und horchte,
ob ich nicht etwas verſtehen konnte. Da merkte ich, daß
es meine Finger waren, welche auf der Bettdecke lagen
und mit einander ſtritten, wer der vornehmſte von ihnen
ſei. „Still da,“ — ſagte der Daumen, — „ich bin der
ſtärkſte, ohne mich könnt ihr nicht einmal etwas anfaſſen,
und darum muß ich wohl euer Herr ſein!“ — „Du bil⸗
deſt dir doch etwas zu viel ein,“ — ſagte der Zeigefin⸗
ger, — „ohne uns kannſt du gar nichts anfangen, und
ich muß ja immer mit dabei ſein, wenn du etwas thun
willſt. Und wie viel muß ich allein thun, wo du gar
nicht hilfſt. Gehe nur einmal in eine Schule hinein und
ſieh', wie oft mich die Kinder brauchen, um aufzuzeigen.
Wenn du plumper Daumen dich in die Höhe richteſt,
wie dumm würde das ausſehen. Jedermann müßte ja
darüber lachen. Wenn man etwas zeigen will, ge⸗
braucht man mich ganz allein und hat dich gar nicht
nöthig dabei.“