„aber ich will dir helfen. Hier ſteht ein Apfelbaum im
Walde und darunter liegen die ſchönſten Aepfel. Ich will
dir den Baum zeigen, ich fliege vorauf, folge du mir nach!“
Der Knabe folgte dem Raben, und dieſer brachte ihn nicht
zu einem Apfelbaum, ſondern zu einer Birke. „Wo ſind
die Aepfel?“ fragte der Knabe, „es ſind ja lauter Ruthen
an dem Baume, und die Ruthe ſchmeckt nicht ſo gut als
Aepfel, das weiß ich, hab's noch dieſen Mittag gefühlt.“
Da lachte der Rabe wieder, und der Knabe ſagte noch
einmal: „Du Lügner!“ — „Biſt du nicht auch ein Lüg⸗
ner?“ fragte der Rabe.
Da ſtand nun der Knabe und wußte nicht wohin;
denn er hatte den Weg verloren. „Ach, wie ſoll ich nun
wieder aus dem Walde kommen?“ rief er. „Den Weg
will ich dir zeigen!“ ſagte der Rabe, „komm' mir nur
nach!“ Und der Knabe ging nach und ſtand auf einmal
vor einem breiten Graben, wo er nicht hinüber konnte.
Der Vogel aber flog hinüber und ſetzte ſich auf einen
Baum an der andern Seite. „Nun komm'!“ rief er, aber
der Knabe konnte nicht; denn das Waſſer war tief und
breit. Der Rabe lachte wieder, als der Knabe nicht wußte,
was er anfangen ſollte. „Du Lügner!“ rief dieſer wie⸗
der. „Biſt du nicht auch ein Lügner, Brüderchen?“ fragte
der Rabe.
Da ſtand nun der Knabe, und es wurde ſchon dunkel,
und er bekam Angſt in dem Walde. „Nun wird es wohl
bald Zeit, daß du nach Hauſe kommſt,“ ſagte der Rabe
wieder, „komm', nun zeige ich dir aber auch den rechten
Weg!“ — „Nein, ich glaube dir nicht mehr!“ rief der
Knabe. „Glaubt man dir denn, wenn du etwas ſagſt?“
fragte der Rabe. Der Knabe ſchämte ſich und ſchwieg.
„Ja, es iſt wahr,“ dachte er, „das Lügen iſt häßlich, ich
werde es auch nicht mehr thun.“ — „Komm'!“ rief der
Rabe. „Nein!“ ſagte der Knabe.
In der Angſt, was er nun machen ſollte, wachte er
auf und merkte, daß er in ſeinem Bettchen lag. „Gott
ſei Dank!“ rief der Knabe, „daß es nur ein Traum war;
aber lügen thue ich gewiß nicht mehr, damit man mir