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hättet ſicher die Hände über den Kopf zuſammenge⸗
ſchlagen und geſagt: „Ne, ſo was habe ich noch nie ge—
ſehen!“ —
Keine fünf Minuten an einem Stück war der Mund
leer. Bekam die Schweſter ein Butterbrod, dann rief er
mit weinerlicher Stimme: „Mir auch!“ und er bekam
eins. Hatte er es kaum aufgegeſſen und kam ſein Bru⸗
der Hugo von der Straße, um ſein Butterbrod zu holen,
dann rief er wieder: „Mir auch!“ — Wenn das kleine
Schweſterchen eine Taſſe Milch zu trinken bekam, dann.
hörte man Max wieder „Mir auch!“ rufen. Immer rief
er es ſo lange, bis er erhielt, was er verlangte.
Unſer Kätzchen war noch klein und lief alle Tage in
das Nachbarhaus zu dem kleinen Max, der ihm immer
ein Bischen mitgab, wenn er was zu eſſen bekommex
hatte. Das Kätzchen lernte nun von dem Max „Mir
auch!“ rufen, und oft riefen alle beide um die Wette
„Mir auch! mir auch! mir auch!“ — Aber das Kätzchen
konnte es nicht ſo gut ausſprechen, als der kleine Max,
es ließ die letzten Laute weg und ſchrie nur „Miau!“
wir wußten aber immer, was das heißen ſollte.
Eines Tages hat's aber dem Kätzchen mit ſeinem
„Miau!“ doch ſchief gegangen. Der Max war nämlich
ſehr unartig geweſen und hatte von der Mutter Schläge
bekommen. Das Kätzchen war gerade dabei und rief ganz
gewaltig: „Mir auch! mir auch!“ Darüber ärgerte ſich
die Mutter und gab dem Kätzchen ein paar tüchtige Hiebe
mit der Ruthe. Da iſt es fortgelaufen und in den erſten
acht Tagen nicht mehr in das Nachbarhaus gekommen.
Es hatte ſich aber das „Mir auch!“ ſo ſehr angewöhnt,
daß es auch bei uns immer rief: Miau! wenn Einer
ein Butterbrod aß, oder Milch trank, oder des Mittags
am Tiſche ſaß. Ja, es rief auch „Mir auch!“ wenn der
Vater eine Pfeife ſtopfte, oder eine Prieſe nahm, oder
ein Glas Bier trank. Darüber haben wir oft lachen
müſſen. Wenn aber Jemand Schläge bekam, dann hat's
nimmermehr geſagt: „Mir auch!“ An einem Male hat's
genug gehabt.