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ſahen, daß die Mutter etwas in der Schürze trug, fragten
ſie: „Mutter, was trägſt du da?“ und wollten gleich das
Kätzchen haben. Aber die Mutter gab es den Kindern
nicht, damit ſie es nicht quälten, ſondern legte es zu Hauſe
auf alte, weiche Kleider und gab ihm Milch zu trinken.
Als das Kätzchen wieder geſund war, war es mit einem
Male wieder fort, und man wußte nicht, wo es geblieben
war.
Nach einigen Tagen ging die arme Frau wieder in
den Wald, und als ſie mit ihrer Bürde Holz wieder an
die Stelle kam, wo das kranke Kätzchen gelegen hatte, da
ſtand eine ganz vornehme Dame in ſchönen Kleidern dort,
die winkte die arme Frau zu ſich und warf ihr fünf
Stricknadeln in die Schürze. Die Frau wußte nicht recht,
was das zu bedeuten hatte, nahm aber die Stricknadeln
mit nach Hauſe und legte ſie des Abends auf den Tiſch
Als aber die Frau des andern Morgens aufſtand
ſiehe, da lag ein Paar neue Strümpfe auf dem Tiſch
Da wunderte ſich die arme Frau ſehr, und am nächſten
Abend legte ſie die Nadeln wieder auf den Tiſch, und
am Morgen darauf lagen noch einmal neue Strümpfe da.
Jetzt merkte ſie, daß ſie die Nadeln als Lohn dafür
bekommen hatte, weil ſie Mitleid mit dem kranken Kätz⸗
chen gehabt hatte. Jeden Morgen aber lag ein Paar
fertige Strümpfe auf dem Tiſch, bald große, bald kleine,
und die Frau und ihre Kinder hatten bald Strümpfe
genug. Dann verkaufte ſie auch Strümpfe und hatte
genug zu leben bis an ihr Ende. Wo die Nadeln dann
hingekommen ſind, weiß Niemand zu ſagen.
12. Vom Mäuslein.
„Die Köchin ſpricht zum Koch:
Fang' mir das Mäuslein doch!
Es iſt nichts ſicher in Küch' und Keller,
Weder in der Schüſſel, noch auf dem Teller.
Wo was liegt, da frißt es;
Wo was riecht, da iſt es;