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Schlag, daß ich vom Baume fiel.“ — „So,“ ſagte Miez,
und machte ein gräulich ernſthaftes Geſicht; „ei Maz, ei
Maz! was haſt du thun wollen? Die rothen Aepfel haſt
du freſſen wollen? Die rothen Aepfel ſind nicht da, daß
ein Affe ſie freſſen ſoll. Sieh' mich an, Maz; habe ich
einmal Aepfel gefreſſen? Spiegle dich an mir, Maz, und
beſſere dich, Maz, beſſere dich!“ —
Der Affe ärgerte ſich und hinkte weiter.
6. Der Kanarienvogel.
„Bitte, liebe Mutter,“ ſagte die kleine Chriſtina,
»kaufe mir doch auch ſo ein kleines Kanarienvöglein, wie
Nachbars Anna eins hat.“ — „Das will ich thun,“ ſagte
die Mutter, „wenn du immer recht artig, fleißig und ge⸗
horſam biſt.“ — O, dann bekomme ich gewiß eins,“ ſagte
Chriſtina, „du ſollſt ſehen, daß ich immer brav bin.“
Eine Woche nachher kam Chriſtina aus der Schule
nach Hauſe. Da ſagte die Mutter: „Ich muß ein wenig
ausgehen. Bleibe du hier und ſei recht brav, bis ich
wieder komme. Dort auf dem Tiſche ſteht ein kleines
Schächtelchen; mache es ja nicht auf und rühre nicht ein⸗
mal daran! Wenn du gehorſam biſt, mache ich dir eine
große Freude, wenn ich zurückkomme.“ — Die Mutter
ging. „Ei,“ dachte Chriſtina, „warum mag die Mutter
nicht haben wollen, daß ich an das Döschen komme?
Was mag darin ſein?“ Es dauerte nicht lange, ſo hatte
ſie es ſchon in der Hand. „Es iſt ſo leicht,“ ſagte ſie,
„und in dem Deckel ſind kleine Löcher. Das iſt ja ein
wunderliches Döschen! Wenn ich doch nur wüßte, was
darin iſt! Es iſt vielleicht gar nichts darin, und die Mutter
hat nur einen Spaß machen wollen. — Die Mutter kann
es ja auch nicht ſehen, wenn ich es aufmache und dann
den Deckel wieder darauf thue.“ Und ihre Finger ſchoben
an dem Deckel, der ging leicht ab, und heraus flog ein
ſchönes, gelbes Kanarienvöglein und ſetzte ſich bald oben
an das Fenſter, bald oben auf den Schrank.
Da ſtand nun das Mädchen und wußte nicht, was